Zum Fischer un sine Fru. [10] No. 19.

Dieses Märchen welches der seel. Runge aus der pommerschen Mundart treflich niedergeschrieben, theilte uns Arnim im Jahr 1809 freundschaftlich mit, von demselben durch v.d. Hagen erhielt es auch Büsching und hat es in seiner Sammlung wiewohl nicht ohne Fehler abdrucken lassen. Die Fabel selbst, deren Eingang merkwürdig an eine der N. 1001, No. 9. etc. etc. so wie an die wallifische von Taliesin erinnert, wird auch in hiesiger Gegend sehr häufig, aber unvollständiger, doch mit einigen Abänderungen erzählt. Es heißt: vom Männchen Dominē (sonst auch von Hans Dudeldee) und Frauchen Dindĕrlindē. Domine klagt über sein Unglück und geht hinaus an den See, da streckt ein Fischchen den Kopf hervor:[10]


was fehlt dir Männchen Domine? –

»ach daß ich im Pispott wohn, thut mir so weh.« –

so wünsch dir was zu haben. –

»ich wills nur meiner Frau erst sagen.«


nun geht er heim, »wünsch uns ein besseres Haus« sagt Dinderlinde. Am See ruft er:


»Fischchen, Fischchen, an der See!« –

was willst du Männchen Domine?


nun gehen die Wünsche an, aber es sind mehr, erst Haus, dann Garten, dann Ochsen und Küh, dann Länder, u. so fort alle Schätze der Welt. Wie sie sich ausgewünscht haben, sagt das Männchen: »nun möcht ich der liebe Herrgott seyn, und mein Frauchen Mutter Gottes.« Da streckt das Fischchen den Kopf heraus und ruft:


willst du seyn der liebe Gott?

so geh wieder in deinen Pispott.


Das Motiv von der Frau, die ihren Mann zu hohen Würden reitzt, ist gewiß uralt, von Eva und der etrurischen Tanaquil (Livius 1, 47.) bis zur Lady Macbeth.

Quelle:
Jacob und Wilhelm Grimm: Kinder- und Hausmärchen. 2 Bände, Band 1, Berlin 1812/15, S. X10-XI11.
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