Zum Hurleburlebutz. [43] No. 66.

Aehnlichkeit damit hat ein Märchen in der Braunschweiger Sammlung S. 322-48. Eine Prinzessin ist so stolz auf ihre Schönheit und wird ganz übermüthig, daß sie alle Freier verspottet, und als Thiere abmahlen läßt, auch alle Wünsche erfüllt haben will. Einmal träumt sie von dem singenden, klingenden Bäumchen, und ihr Vater muß ausziehen und es suchen. Er findet es glücklich, wie er es aber ausreißt, springt ein fürchterlicher Löwe aus der Erde, dem muß er dafür das[43] angeloben, was ihm zuerst zu Haus begegnen wird. Das ist nun die stolze Prinzessin, die das singende, klingende Bäumchen kommen hörte. Der König erschrickt und sagt, daß sie einem Löwen jetzt zugefallen sey, aber sie bekümmert sich nicht darum, läßt die Tochter einer Wäscherin mit ihren Kleidern anthun und an ihren Platz setzen. Nach drei Tagen kommt der Löwe: »setz dich auf meinen Rücken«, spricht er, und trägt sie in den Wald. Das Mädchen weint, wie es eine Quelle sieht: »wer wird meiner Mutter jetzt waschen helfen!« Der Löwe merkt den Betrug, trägt sie zurück und kommt nach drei Tagen wieder, da sitzt eines Hirten Tochter in den Kleidern der Prinzessin, »setz dich auf meinen Rücken,« sagt der Löwe und trägt sie hinaus. Wie sie auf die bunte Wiese kommen, seufzt das Mädchen:»ach! wer wird den Hans trösten, wenn ich nicht bei ihm hier liegen kann!« Der Löwe kehrt wieder um, bringt dem König die falsche Braut, droht ihm, und läuft zur Prinzessin, die sich gleich auf seinen Rücken setzen und mit ihm fort muß. Er führt sie in eine Höhle, wo sie an elf Kranken die niedrigsten Arbeiten thun muß und ihre eiternden Wunden heilen. Sie empfindet da Reue über ihren vorigen Hochmuth, heilt dann auch den Löwen, der verwundet wird, und mit dem allem büßt sie ihre Sünden, befindet sich einmal, als sie erwacht, wieder in dem prächtigen Schloß bei ihrem Vater, der Löwe aber ist ein schöner Jüngling geworden, und ihr Bräutigam.

In dem Märchen vom Weißtäubchen in der Erfurtschen Sammlung S. 87 88. wird auch der Zauber gelöst, indem das Mädchen der Taube den Kopf abreißt, und ihn gegen Morgen, den Rumpf gegen Abend wirft.

In einer andern mündlichen Erzählung, fragt der Fuchs immer, das Mädchen, das er fortträgt, wie viel Uhr es sey, die Hirtentöchter antworten, zehn Uhr, wenn ich die Heerde sonst zusammengeblasen habe, die Königstochter aber, zehn Uhr, wenn zur Tafel geblasen wird, und nun bin ich hier im Wald und habe nichts zu essen.[44]


Quelle:
Jacob und Wilhelm Grimm: Kinder- und Hausmärchen. 2 Bände, Band 1, Berlin 1812/15, S. XLIII43-XLV45.
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