272. Der Mann mit dem Schlackhut

[270] Es hat vor ein paar Jahren noch eine alte Frau eines der Zimmer des verfallenen Freiensteins bewohnt. Eines Abends trat zu ihr ganz unbefangen in die Stube herein ein Mann, der einen grauen Rock, einen großen Schlackhut und einen langen Bart trug. Er hing seinen Hut an den Nagel, saß, ohne sich um jemand zu bekümmern, nieder an den Tisch, zog ein kurz Tabakspfeifchen aus dem Sack und rauchte. So blieb dieser Graue immer hinter seinem Tisch sitzen. Die Alte konnte seinen Abgang nicht erwarten und legte sich ins Bett. Morgens war das Gespenst geschwunden. – Des Schulzen Sohn verzählte: »Den ersten Christtagmorgen, während Amt in der Kirche gehalten wurde, saß meine Frähle (Großmutter) in unsrer Stube und betete. Als sie einmal vom Buch aufsah und gerade nach dem Schloßgarten guckte, erblickte sie oben einen Mann in grauer Kutte und einem Schlackhut stehen, der hackte von Zeit zu Zeit. So haben wir und alle Nachbarn ihn gesehen. Als die Sonne unterging, verschwand er.«

Quelle:
Jacob und Wilhelm Grimm: Deutsche Sagen. Zwei Bände in einem Band. München [1965], S. 270.
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