291. Die Altenberger Kirche

[282] Oberhalb dem Dorfe Altenberg im Thüringer Wald liegt auf einem hohen Berg lustig zwischen Bäumen das Kirchlein des Orts, die Johanneskirche genannt. Wegen des beschwerlichen Weges dahin, besonders im Winter bei Glatteis und wenn Leichen oder Kinder zur Taufe hinaufzutragen waren, wollten, nach der Sage, die Altenberger die Kirche abbrechen und unten im Dorfe aufrichten, aber sie waren es nicht vermögend. Denn was sie heute abgetragen und ins Tal herabgebracht hatten, fanden sie am andern Morgen wieder an seiner Stelle in gehöriger Ordnung oben auf der Kapelle, also daß sie von ihrem Vorhaben abstehen mußten.

Diese Kirche hat der heilige Bonifatius gestiftet und auf dem Berge öfters geprediget. Einmal, als er es dort unter freiem[282] Himmel tat, geschah es, daß eine große Menge Raben, Dohlen und Krähen herbeigeflogen kamen und ein solches Gekrächz und Geschrei anfingen, daß die Worte des heiligen Bonifatius nicht mehr konnten verstanden werden. Da bat er Gott, daß er solchen Vögeln in diese Gegend zu kommen nimmermehr erlaube. Seine Bitte wurde ihm gewährt, und man hat sie hernach nie wieder an diesem Orte gesehen.

Quelle:
Jacob und Wilhelm Grimm: Deutsche Sagen. Zwei Bände in einem Band. München [1965], S. 282-283.
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