314. Der getreue Eckhart

[297] Man sagt von dem treuen Eckhart, daß er vor dem Venusberg oder Höselberg sitze und alle Leute warne, die hineingehen wollen. Johann Kennerer, Pfarrherr zu Mansfeld, seines Alters über achtzig Jahr, erzählte, daß zu Eisleben und im ganzen Lande Mansfeld das wütende Heer vorübergezogen sei, alle Jahr auf den Fastnacht Dornstag, und die Leute sind zugelaufen und haben darauf gewartet; nicht anders, als sollte ein großer mächtiger Kaiser oder König vorüberziehen. Vor dem Haufen ist ein alter Mann hergegangen mit einem weißen Stab, hat sich selbst den treuen Eckhart geheißen. Dieser Mann hat die Leute heißen aus dem Wege weichen, auch etliche Leute gar heimgehen, sie würden sonst Schaden nehmen. Nach diesem Mann haben etliche geritten, etliche gegangen, und es sind Leute gesehen worden, die neulich an den Orten gestorben waren, auch der eins Teils noch lebten. Einer hat geritten auf einem Pferd mit zweien Füßen. Der ander ist auf einem Rade gebunden gelegen, und das Rad ist von selbst umgelaufen.[297] Der dritte hat einen Schenkel über die Achsel genommen und hat gleich sehr gelaufen. Ein anderer hat keinen Kopf gehabt und der Stück ohn Maßen. In Franken ist's noch neulich geschehen, und zu Heidelberg am Neckar hat man's oft im Jahr gesehen. Das wütende Heer erscheint in Einöden, in der Luft und im Finstern, mit Hundegebell, Blasen auf Waldhörnern und Brüllen wilder Tiere, auch siehet man dabei Hasen laufen und höret Schweine grunzen.

Quelle:
Jacob und Wilhelm Grimm: Deutsche Sagen. Zwei Bände in einem Band. München [1965], S. 297-298.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Deutsche Sagen
Deutsche Sagen
Deutsche Sagen
Deutsche Sagen (insel taschenbuch)
Deutsche Sagen
Deutsche Sagen: Herausgegeben von den Brüdern Grimm