Der Erste Auffzug.


[9] Flavia. Fabricius.

Flavia träget eine Schüssel voll mit Zucker überzogener Früchte.


FLAVIA.

Viel Glück! wo ist dein Herr / wie gehts mit ihm und dir.

FABRICIUS.

Wol / schöne: Folgtest du und Chloris jhm und mir.

FLAVIA.

Ha! Thor! wie würdet ihr uns arme nicht verführen?

FABRICIUS.

Wer uns nicht haben wil; wird ehstes uns verliren.

FLAVIA.

Ein treflicher Verlust? seht diesen Schatz doch an!

FABRICIUS.

Jch weiß: Daß Flavie nicht ohn mich leben kan.

FLAVIA.

Jch weiß daß dir der Kopff voll süsser Träume stecke.

FABRICIUS.

Jch weiß daß ich dich offt aus süssem Traum erwecke.[9]

FLAVIA.

Lauff Träumer! lauff! ey lauff! und spigel dich gar wol.

FABRICIUS.

Ko i her! wo ich mich recht / mein Trost / bespigeln sol.

FLAVIA.

Jch wil drey Groschen dir zu einem Spigel borgen.

FABRICIUS.

Jn deinen Augen schaw ich meine Noth und Sorgen.

FLAVIA.

Von hir! doch möcht ich letzt wol deinen Herren sehn?

FABRICIUS.

Jch liber dich als jhn / doch möcht es leicht geschehn.

FLAVIA.

Geh / meld / ich sey an jhn ietzt abgeschickt erschinen.

FABRICIUS.

Wer ist der so bereit durch dich ihn zu bedinen?

FLAVIA.

Das kan / wer redlich libt / wol mercken.

FABRICIUS.

Chloris! nicht?

FLAVIA.

Glaubst du daß Chloris sich umb euch den Kopff zubricht?

FABRICIUS.

Warumb denn ko ist du her?

FLAVIA.

Wer alles wüntscht zu wissen

Erfährt offt nichts als Rauch.

FABRICIUS.

Wilst du den Herren grüssen:

So gib dem Diner vor ein paar schock gute Wort.

FLAVIA.

Der mir zu dancken hat / daß ich kam an den Ort!

FABRICIUS.

Vergönne mir / ich wil mit tausend küssen dancken.

FLAVIA.

Weg! weg! der Artzt verbeut dergleichen Wein den Krancken.

FABRICIUS.

Der Artzt ist grausam der nicht seine Krancken heilt.

FLAVIA.

Der Artzt ist thöricht der bey Thoren sich verweilt.

Geh melde daß ich hir! wo nicht; so laß mich gehen.

FABRICIUS.

Ja! wo mein Herr nur kan von seinem Bett auffstehen.

FLAVIA.

Wie lang ists daß er nun in diser Wehmut ligt?

FABRICIUS.

Von dar an / da du mich; und Chloris ihn besigt.

FLAVIA.

Jch ko i / und bringe Trost und Mittel vor die Wunden.

FABRICIUS.

O glücklich / da ich dich zu guter Vhr gefunden!

FLAVIA.

Gefunden. Aber nicht (wie du wol meynst /) vor dich.

FABRICIUS.

Ja schertze wie du wilst. Dein Hertz ist doch vor mich!

Verzeuch / ich wil dich stracks (wie du begehrst /) ansagen.

FLAVIA.

Man wird / daß ich so lang alhir verzih / anklagen.


Quelle:
Andreas Gryphius: Verliebtes Gespenst, Die geliebte Dornrose. Berlin 1963, S. 9-10.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Verlibtes Gespenste - Die gelibte Dornrose
Verlibtes Gespenste / Die gelibte Dornrose

Buchempfehlung

Meyer, Conrad Ferdinand

Gustav Adolfs Page

Gustav Adolfs Page

Im Dreißigjährigen Krieg bejubeln die deutschen Protestanten den Schwedenkönig Gustav Adolf. Leubelfing schwärmt geradezu für ihn und schafft es endlich, als Page in seine persönlichen Dienste zu treten. Was niemand ahnt: sie ist ein Mädchen.

42 Seiten, 3.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Große Erzählungen der Frühromantik

Große Erzählungen der Frühromantik

1799 schreibt Novalis seinen Heinrich von Ofterdingen und schafft mit der blauen Blume, nach der der Jüngling sich sehnt, das Symbol einer der wirkungsmächtigsten Epochen unseres Kulturkreises. Ricarda Huch wird dazu viel später bemerken: »Die blaue Blume ist aber das, was jeder sucht, ohne es selbst zu wissen, nenne man es nun Gott, Ewigkeit oder Liebe.« Diese und fünf weitere große Erzählungen der Frühromantik hat Michael Holzinger für diese Leseausgabe ausgewählt.

396 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon