[87] 1.
Je mehr wir Jahre zehlen:
Je mehr vns Tage fehlen/
Je mehr vns Zeit abgeht:
Diß Leben selbst verschwindet:
Weil sich das Alter findet.
Vnd seine Maß erhöht.
2.
Wie vns die Jahr entfallen
Weil wir auff Erden wallen/
Wie sich das Ziel abkürtzt:
So wird mit ihm verlohren/
Was in der Zeit geboren
Die alles fäll't vnd stürtzt.
3.
In dem ein Jahr vergangen:
Hat eines angefangen/
Den Anfang führt das End/
Vor stig die Sonne nieder:
Itzt kommt ihr Wagen wieder
Der schon was höher rennt.
[87]
4.
So/ ob wir hier veralten:
Ob Händ vnd Hertz erkalten/
Gehn wir doch gar nicht ein:
So viel wir abgenommen/
So nahe sind wir kommen
Der Wollust oder Pein.
5.
Ach Menschen/ diese Jahre
Die führen nach der Baare
Vnd noch der Baar zur Kron:
Sie führen zu dem Throne/
Dem ewig hohen Lohne
Wo nicht zu stetem Hohn.
6.
Vnendlich ewig Wesen:
Durch dessen Tod genesen/
Was Zeit vnd Jahre zehlt!
Ach laß vnendlich Leben
Für die du dich gegeben/
Vnd zu der Braut erwehlt!
7.
Sol sie die Zeit bewehren/
So laß sie nicht beschweren
Mit dem was zeitlich ist/
Gib ewige Gedancken:
Der; die in diesem Schrancken
Zur Ewigkeit erkist
8.
Daß wenn sie abgeleget/
Was sie als sterblich träget/[88]
Der rauen Jahre Last.
Sich zu dir mög' erheben
Der du ein Mensch im Leben/
Jahr' auch gezehlet hast.
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