19.
Auf den Anfang des 1650sten Jahres

[103] Nachdem das müde Land in harter Dienstbarkeit/

In Schmertzen/ Krieg und Ach und unerschöpfften Thränen/

Schier zweymal sechzehn Jahr geschmachtet/ hört auf Sehnen/

Auf Seuffzen/ auf Gebet/ der Hertzog aller Zeit.

Er reist die Fahnen ab/ und bricht den grimmen Streit/

Und wil uns selbst den Weg zum süssen Friede bähnen;

Die Zunge wil sich schon ans Lob-Geschrey gewehnen/

Und singt vom neuen Jahr des Friedens weit und breit.

Herr/ muß gantzer Länder Kriegen

Auf dein Wort in Ruh verfliegen/

Ach warum denn wilst du nicht mein bestritten Hertz erquicken?

Soll in dem Jubeln aller Heyden

Nur einig meine Seele leiden?

Oder wilst du mit Ergetzen auch ein Jubel-Jahr zuschicken.

Quelle:
Andreas Gryphius: Gesamtausgabe der deutschsprachigen Werke. Band 1, Tübingen 1963, S. 103-104.
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