2.
Uber die Geburt Christi 1657

[95] Kind dreymalh süsses Kind/ in was bedrängten Nöthen

Bricht dein Geburts-Tag ein! Der Engel Schaaren Macht

Bejauchtzet deine Kripp' und singt bey stiller Nacht/

Die Hirten preisen dich mit hellgestimmten Flöten.

Ach um mich klingt der Hall der rasenden Trompeten/

Der rauhe Paucken Klang/ der Büchsen Donner kracht:[95]

Du schläffst/ der tolle Grimm der schnellen Zwietracht wacht/

Und dräut mit Stahl und Schwerdt/ und Flamm/ und Haß/ und Tödten.

O Friede-Fürst lach uns aus deinen Windel an!

Daß mein bestürtztes Hertz das nichts als Seuffzen kan/

Dir auch ein Freunden Lied/ O Sohn der Jungfrau/ bringe.

Doch wenn ich/ Gott/ durch dich mit Gott in Friede steh/

So kan ich frölich seyn/ ob auch die Welt vergeh/

Indem du in mir ruhst. O Kind mein Wundsch gelinge!

Quelle:
Andreas Gryphius: Gesamtausgabe der deutschsprachigen Werke. Band 1, Tübingen 1963, S. 95-96.
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