25.
Auf seinen Geburts-Tag

[106] A. 1656.


Der Wunder-grosse Gott der nichts als Wunder macht/

Pflegt diese/ die ihm treu/ nur wunderlich zu führen/

Sie gehn durch Stahl und Schwerdt/ doch muß kein Schwerdt sie rühren;

Sie stehn/ ob um und um der Erden Grund erkracht/

Es wird kein Haar versehrt ob schon die Flamm erwacht

Und an die Sternen schlägt. Wo Pest und Todt zu spüren

Verspürt man seine Krafft/ er weiß sie auszuzieren

Mit diesem was der Feind zu ihrer Qual erdacht.

Er führt in wüstes Feld durch ungebähnte Wege

Und führt auf rechte Weg aus Hecken-vollem Stege;

Und führt durch Hertzens-Angst zu ewig steter Ruh.

Die ungeheure Flut schluckt offt in tieffste Täuffen

Die Er erheben wil/ und darff sie nicht erseuffen:

Gott und was Gottes ist kommt nichts als Wunder zu.

Quelle:
Andreas Gryphius: Gesamtausgabe der deutschsprachigen Werke. Band 1, Tübingen 1963, S. 106-107.
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