54.
Auf Herrn von K. und Jungfrau von S. Beylager

[121] Bißher habt ihr nichts gesehen/ werther Freund/ als Noth und Tod/

Nichts als Elend/ nichts als Schmertzen/ nichts als überhäuffte Klagen/

Ihr habt eurer Seelen Seele auf der Bahr hinweggetragen/

Euer Nistitz ward zunichte/ Staub und Rauch und Grauß und Koth/

Wir selbst sahen nichts als Flammen und entblöster Schwerdter Noth/

Musten was wir saur erworben auf die grimmen Heere wagen;

Ja das Leben-lose Leben täglich in die Schantze schlagen/

Waren unser Feinde Schrecken und der rauhen Feinde Spott.

Jtzt seht euch besser um/ indem der Fried auffwacht/[121]

Und euch ein lieblich Aug und reines Hertz anlacht/

Indem das Land beginnt als aus der Grufft zu blühen:

Ihr könt eur eigen Glück nicht gäntzlich übersehn/

Drum sieht die Seherin was guts noch wird geschehn/

Durch euren Fleiß und Schweiß und ihr erhitzt Bemühen.

Quelle:
Andreas Gryphius: Gesamtausgabe der deutschsprachigen Werke. Band 1, Tübingen 1963, S. 121-122.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Sonette
Frühe Sonette (Neudrucke Deutscher Literaturwerke)