59.
An eine Frauens Person/ die mit Meyfahrts Himmlischen Jerusalem gebunden wird

[124] Die Erde/ die euch nichts gewährt denn Ach und Weh/

Die Erde/ die mir selbst nichts gab als Schmertz und Leichen/

Die Erde/ die nichts hat als rauhe Jammerzeichen/

Und uns in Bitterkeit setzt zwischen Fall und Höh/

Die Erd'/ aus welcher ich voll Angst und Thränen geh/

Kan mir kein Band für euch/ wie hoch ich suche/ reichen:

Drum muß ich in das Schloß der Ewigkeiten weichen/

Und suchen solch ein Band das trotz der Zeit besteh.

Hier find ich nichts als Lust/ hier weiß ich nichts zu wählen/

Der Schatz ist mehr denn groß/ die Freud ist nicht zu zehlen;

Mit kurtzem/ hier ist nichts als lauter Wonn und Gott.

Weil ich denn kein Geschenck/ das grösser sey/ kan finden/

Wil ich Frau Mutter sie mit Gott und Himmel binden.

Diß Band alleine bindt und zwinget Angst und Todt.

Quelle:
Andreas Gryphius: Gesamtausgabe der deutschsprachigen Werke. Band 1, Tübingen 1963, S. 124.
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