18.
Auff den Sontag deß guten Seemans/ oder Sexagesimæ. Luc. 8.

[196] Ich höre nichts/ wenn du mich heissest hören!

Dein werther Saam bringt leider wenig Frucht[196]

In mir! Ach Herr/ der Höllen Vogel sucht

Emsig dein Wort vnd mein Hertz zu versehren.

Wenn sich die Blüt in meinem Geist wil mehren/

Kränckt mich die Hitz vnd (was ich offt verflucht)

Der Sorgen Angst/ (Ach! scharffe Dornen Zucht!)

Erstöckt in mir schier alle gute Lehren.

Schrecke die Vögel Herr/ die mich berauben

Laß mich auch in der Versuchung dir glauben.

Vnd reiß die Disteln auß die gantz mein Hertz vmbgeben:

Laß mich durch Regen der Gnaden erquicken/

Schicke Gedult wenn das Creutze wil drücken

Daß an der Dornen statt dein Wort mög in mir leben!

Quelle:
Andreas Gryphius: Gesamtausgabe der deutschsprachigen Werke. Band 1, Tübingen 1963, S. 196-197.
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