16.
In Viri Admodum Reverendi Excellentissimi M. Michaelis Ederi

[39] Ecclesiæ Gynæcopolitanæ Pastoris & Inspectoris dignissimi praxin fidei


Im alter dieser welt/ nun trew vnd lieb erkalt

Nun wahre redlikeit/ vnd tugend will verschwinden/

Nun man vom Christenthumb schier nichts kan vbrig finden/

Nun Heilikeit/ vndt recht vnd Gottesfurcht veralt:

Verdrückt jhr wie ihr mögt die rasende gewalt

Die alles vberfelt/ die starcke macht der sünden.

Ihr zeiget was mit Gott die menschen kan verbinden/

Des Glaubens eigenschafft/ vnd lebende gestalt.

Ihr lehret das vmbsonst/ nichts thun/ vnd alles wissen:

Das leiden/ das Gedult den Himmell auff kan schlissen/

Vnd das der nicht ein Christ/ der nicht als Christus libt.

Wie selig seid ihr doch weill euch die ehrenkrone

Die wissen nicht allein erlangt für Gottes throne

Der Printz der Ewikeit schon würcklich vbergibt.

Quelle:
Andreas Gryphius: Gesamtausgabe der deutschsprachigen Werke. Band 1, Tübingen 1963, S. 39-40.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Sonette
Frühe Sonette (Neudrucke Deutscher Literaturwerke)