33.
Vber die gebaine der ausgegrabenen Philosetten

[51] O Häslich' anblick! ach! wo sindt die güldnen haar!

Wo ist der stirnen schnee? wo ist der glantz der wangen?

Der wangen die mitt blut vndt lilien vmbfangen?

Der rosen rote mund! wo ist der zähne schar?[51]

Wo sindt die sternen hin? Wo ist der augen paar

Mitt dehn die liebe spielt/ itzt flechten schwartze schlangen

Sich vmb das weite maul/ die nasen ist vergangen

Die keinem helfenbain vorhin zu gleichen war.

Ist jemand der noch kan behertzt vnd sonder grawen

Der ohren kahlen ortt/ der augen lucken schawen?

Ist jemandt/ der sich nicht für dieser stirn entsetzt?

Der dencke wie sich doch sein Geist den wird befinden

Wen er in kurtzem wird auff gleichen schlag verschwinden/

Weill schon der todt auff ihn die schnellen pfeile wetzt.

Quelle:
Andreas Gryphius: Gesamtausgabe der deutschsprachigen Werke. Band 1, Tübingen 1963, S. 51-52.
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