43.
Ebenbildt vnsers lebens

[57] Der Mensch das spiel der zeit/ spielt weil er alhie lebt.

Im schaw-platz dieser welt; er sitzt vnd doch nicht feste.

Der steigt vnd jener fält/ der suchet die Paläste/

Vndt der ein schlechtes dach/ der herscht vndt jener webt.

Was gestern war ist hin/ was itz das gluck erhebt;

Wirdt morgen vntergehn/ die vorhin grünen äste

Sindt nuhmer dür vndt todt/ wir armen sindt nur gäste

Ob den ein scharffes schwerdt an zarter seide schwebt.

Wir sindt zwar gleich am fleisch/ doch nicht von gleichem stande

Der trägt ein purpur-kleidt/ vnd jener gräbt im Sande/

Bis nach entraubtem schmuck/ der todt vns gleiche macht.

Spilt den bis ernste spiell: weil es die zeit noch leidet.

Vndt lernt: das wen man vom pancket des lebens scheidet:

Kron/ weisheit/ stärck vndt gutt/ sey eine leere pracht.

Quelle:
Andreas Gryphius: Gesamtausgabe der deutschsprachigen Werke. Band 1, Tübingen 1963, S. 57-58.
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