2.
Mittag

[65] Avff Freunde! last vnß zu der Taffel eylen/

In dem die Sonn ins Himmels mittel hält

Vnd der von Hitz vnd arbeit matten Welt

Sucht jhren weg/ vnd vnsern Tag zu theilen.

Der Blumen Zier wird von den flammen pfeylen

Zu hart versehrt/ das außgedörtte Feldt.

Wündscht nach dem Taw' der schnitter nach dem zelt

Kein Vogel klagt von seinen Liebes seilen.[65]

Das Licht regiert/ der schwartze Schatten fleucht

In eine höl/ in welche sich verkreucht

Den Schand vnd furcht sich zu verbergen zwinget.

Man kan dem glantz des tages ja entgehn!

Doch nicht dem licht/ daß/ wo wir jmmer stehn/

Vns siht vnd richt/ vnd hell' vnd grufft durch dringet.

Quelle:
Andreas Gryphius: Gesamtausgabe der deutschsprachigen Werke. Band 1, Tübingen 1963, S. 65-66.
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Frühe Sonette (Neudrucke Deutscher Literaturwerke)