39.
Auff einen vngeschickten Römer

[86] Kan Rom dich nicht gelehrt/ vnd nicht geschickter machen/

Wo es an keiner kunst/ an keiner weißheit fehlt/

Wo die Scharffsinnigkeit selbst jhren sitz erwehlt.

Wo die vernunfft durchsucht der Fürsten höchste sachen?

Was täglich wächst/ was steht/ was sich dem grimmen Rachen

Der zeit die alles frist entzeucht; was sich vermählt.

Der greisen Ewigkeit/ was lange Jahre zehlt/

Sihst du; doch wer dich siht/ muß deiner grobheit lachen.

Hier haw't man Marmel aus/ hier schleifft man Diamand/

Porfirr/ (wie hart er auch) weicht der gelehrten hand

Von welchem Steinriß hat man dein Gehirn genommen?

Man glaubt/ daß diese Lufft den frembden schädlich sey:

Ich schaw das wiederspiel/ Ich bin von Seuchen frey

Dir ist die Röm'sche Lufft in warheit nicht bekommen.

Quelle:
Andreas Gryphius: Gesamtausgabe der deutschsprachigen Werke. Band 1, Tübingen 1963, S. 86.
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