Auf seinen Geburts-Tag

[115] Wenn ich die Zeiten überlege

Wenn ich des Höchsten Gunst erwege

Die in der Zeit er mir erweist

So sinck ich ehrerbietig nieder

Und opffre Danck- und Freuden-Lieder

Dem/ der Lufft/ Erd/ und Himmel preist.


Er hat mich frisch und unverletzet

Aus Mutterleib ins Licht versetzet;

Ins Licht/ das mit hochheiterm Schein

Durch seine Kirche strahlt und brennet/

Er hat mich vor sein Kind erkennet/

Und schrieb ins Lebens-Buch mich ein.


Er hat/ als alles mir entsuncken/

Als ich in Ach und Angst ertruncken/

Geboten Hülff und treue Hand.

Als ich um Freund und Eltern kommen.

Hat Er mich in die Schoß genommen:

Er gab mir selbst sein Hertz zu Pfand.


Daß ich auf so viel glatten Wegen

Umringt mit Blitz und Donnerschlägen

Noch unversehrt geh nach dem Ziel

Dem Zweck und Ende meiner Reise

Danck ich nur Ihm/ der Straß und Weise

Selbst zeigt und selbst mich führen wil.


Hier bin ich Herr! beut deinem Knechte

Dein ewig starck und treue Rechte[115]

Mir schwindelt auf der steilen Bahn.

Wo du nicht hältest ists geschehen

O du mein Leitstern laß dich sehen/

Sonst leider ists um mich gethan!


Du wirst mich ja durch Feind und Schrecken

Wo Furcht auf Furchten sich erwecken/

Wo keine Wehmuth ist zu groß/

Wenn ich diß Elend überstanden

Entfreit von Kercker Ach und Banden

Heimführen in dein Ehren-Schloß.

Quelle:
Andreas Gryphius: Gesamtausgabe der deutschsprachigen Werke. Band 3, Tübingen 1963, S. 115-116.
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