14. Gezelin, der fromme Einsiedler.

[17] (Poetisch behandelt von Montanus Bd. I. S. 34 etc.)


Da wo der Dhünbach in der Grafschaft Berg silberhell dahinfließt, da weidete im 13. Jahrhundert ein armer Einsiedler, Gezelin genannt, eine kleine Heerde Schafe. Er war eigentlich ein Fürstensohn, allein er hatte allen Rechten seiner Geburt entsagt und war aus Frankenland hierher gezogen, um allein im Walde ganz dem beschaulichen Leben sich zu widmen. Da begab es sich einstmals, daß der Herr über das Bergische Land eine entsetzliche Dürre schickte; Alles vertrocknete und verdürstete, im Dhünbach war kein Tropfen Wasser mehr und seine Heerde lechzte nach Wasser. Da erhob er seine Hände gläubig zum Gebet und gelobte eine Pilgerfahrt nach einem fernen Gnadenorte, wofern Gott diesem Elend abhelfen wolle. Und siehe, wie er mit seinem Stabe in den staubigen Moor stieß, da quoll ein sprudelnder Springquell hervor, der mit seinem klaren Wasser Thiere und Matten erquickte. Er aber zog seinem Gelöbniß getreu hin nach Aachen, nachdem er vorher seine verlassene Heerde Gott empfohlen hatte. Als er nach vollbrachtem Gelübde wieder zurückkam, da sah er mitten unter seinen Schafen einen Hirten mit Hund und Stab, der als ein von Gott gesandter Engel dieselbe während seiner Abwesenheit gehütet hatte. Als aber sein letztes Stündlein kam, da schwebte die h. Jungfrau von einer Engelschaar umgeben herab und trug mit seligem Lächeln seine Seele zum Himmel empor. Ueber jener Quelle aber erbaute zu Anfang des 16. Jahrhunderts Heinrich von Reuschenberg, ein Comthur des Deutschen Ordens, eine kleine Kapelle. Dieselbe liegt bei Schlebusch in einem lieblichen Buchenhaine; in der Nähe des letztgedachten Ortes aber ruhen seit dem Anfange dieses Jahrhunderts seine Gebeine, die früher in der Kirche zu Schlebuschrath (1200) beigesetzt worden sein sollen, nicht aber in Luxemburg, wie eine andere Sage erzählt. Unter dem Altar jener Waldkapelle aber sprudelt die Gezelinquelle hervor, deren Wasser zur Heilung vieler Gebrechen, namentlich bei Kinderkrankheiten und Augenübeln von den Gläubigen eifrig benutzt wird.

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 2, Glogau 1868/71, S. 17.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Sagenbuch des Preußischen Staats
Sagenbuch des Preußischen Staats: Erster Band
Sagenbuch des Preußischen Staats: Zweiter Band
Sagenbuch des Preußischen Staats: Erster Band
Sagenbuch des Preußischen Staats: Zweiter Band