Fünfter Auftritt.


[125] Erbprinz. Prinzessin Wilhelmine.


WILHELMINE. Was sagen Sie nun von Ihrem Freunde? Der Prinz von Wales ist in Berlin!

ERBPRINZ. Noch kann ich nicht zu mir selbst kommen. Hotham ist ein Verräter, ein Undankbarer, der mich, der uns alle betrogen hat!

WILHELMINE. Seien Sie vorsichtiger, künftig von Freundschaft und Liebe zu sprechen, und – leben Sie wohl! Will der Königin nach.

ERBPRINZ. Prinzessin, das der Abschied, während ich mich rüste, dem Tod oder der Verzweiflung entgegenzugehen?

WILHELMINE. In Wien stirbt sich's nicht so leicht –

ERBPRINZ. Sie können glauben, daß ich jetzt ans Ihrer Nähe scheiden werde, jetzt, wo der Glanz des persönlichen Auftretens eines Prinzen von Wales Wilhelminens Auge, vielleicht ihr Herz blenden wird?[125]

WILHELMINE. Ich muß, ich seh' es ja, anfangen, mein Herz nur noch unter dem Gesichtspunkt der Politik zu betrachten.

ERBPRINZ. Sie zweifeln an meiner Aufrichtigkeit, Prinzessin? Sie mißtrauen einem Herzen, das nur einmal wahrhaft liebte, einmal und ewig, Sie, Wilhelmine!

WILHELMINE beiseite. Wäre diese Sprache keine Täuschung?

ERBPRINZ. Prinzessin, ich fühle, was ich Ihnen schuldig bin. Wahrheit vor der Welt, aufrichtige Werbung um Ihre Hand, selbst mit Gefahr, Sie auf ewig zu verlieren. Ich gehe zum König, ja, ich erkläre ihm jetzt, jetzt in diesem Augenblick, daß ich unfähig bin, seinem Wunsch zu dienen, ich werfe mich ihm zu Füßen und gestehe mit offener Ehrlichkeit, daß ich Sie liebe. Wollen Sie?

WILHELMINE schwankend. Nimmermehr!

ERBPRINZ. Sie zittern, Prinzessin? Ich fühle, daß Ihr kindliches Herz vor dem Gedanken bebt, Ihren Eltern zu trotzen und der Stimme Ihrer eigenen Wahl zu folgen. Aber – sagen Sie, glauben Sie an das Herz Ihres Vaters?

WILHELMINE. Es ist voll Güte und Liebe.

ERBPRINZ. Wohlan! Er hat mich ausgezeichnet, er hat Vertrauen zu mir gewonnen. Die Anwesenheit des Prinzen von Wales reizt ihn, dieser Kühnheit die Stirn zu bieten. Ich schildere ihm die Lage meines Herzens, und dann, Wilhelmine dann? – Wenn er die Hand versagt?

WILHELMINE sich abwendend. Sie werden – Trost – finden –

ERBPRINZ. Und wenn er sie gewährt?

WILHELMINE mit überwältigtem Gefühl und den vollen Ausbruch ihres Herzens gebend, aber dabei schalkhaft. Dann fürcht' ich, werden Sie doch Ihr Wort nicht halten – zur Strafe, daß ich Sie so grausam gequält habe!


Schnell ab.


Quelle:
Gutzkows Werke. Auswahl in zwölf Teilen. Band 2, Berlin, Leipzig, Wien, Stuttgart [1912], S. 125-126.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Zopf und Schwert
Zopf und Schwert
Zopf und Schwert
Zopf Und Schwert; Lustspiel In Fünf Aufzügen. With A Biographical And Historical Introd., English Notes, And An Index (German Edition)