Choralisten.

[17] Choralisten betriegen 1) Wenn sie, damit sie nur desto eher fertig werden mögen, kaum ein oder zwey Verse vor einer Thür singen. 2) Wenn die, so das Geld von denen Leuten empfangen, solches dem Præfecto oder Annotatori nicht alles überbringen. 3) Wenn der Annotator und Præfectus zusammen halten und das empfangene Geld nicht alles aufschreiben noch in die Büchse stecken, sondern ein und das andere vor sich davon behalten. 4) Wenn sie an denenjenigen Orten, wo etwa der Præfectus etwas Liebes oder sonst einen Genuß hat, schöne und wohl componirte, an andern aber alte, hundertjährige und abgeschmackte Stücke singen. 5) Wenn sie einander fälschlich bey dem Cantore angeben, als hätten sie wider die Regulas Chori Musici gehandelt und dadurch verursachen, daß denenselben bey Austheilung des Chor-Geldes etwas von ihren ordentlichen abgezogen wird. 6) Wenn sie es durch Schmeicheley, Geschencke etc. etc. bey denen [17] Inspectoribus Chori Musici dahin bringen, daß sie Præfecti werden und also am meisten Geld bekommen mögen, auch öffters andern Choralisten, denen die Præfectur so wohl der Ordnung als meriten nach gehöret hätte, unverdienter Weise vorgezogen werden. 7) Wenn sie sich beym Neu-Jahr- und Kirchen-Singen öffters kranck stellen, damit sie nicht dabey erscheinen dürffen. 8) Wenn die Præfecti und Sub-Præfecti unter dem Chor-Singen öffters weglauffen, gleichsam als wenn sie eine besondere Freyheit hierinnen hätten, die andern aber sich bald zu tode schreyen lassen. 9) Wenn sie unter währenden Chor-Singen in die Bier-Häuser lauffen und einen Particul von den Chor-Geld versauffen.


Mittel: Daß die Inspectores und Cantor genaue Aufsicht auf den Chor haben und tüchtige / vernünfftige und treue Leute als Præfectos und Annotatores constituiren / welche denen Unordnungen steuern und solche an behörigen Orte melden mögen.

Quelle:
Hoenn, Georg Paul: Fortgesetztes Betrugs-Lexikon, worinnen die meisten Betrügereyen in allen Staenden nebst denen darwieder guten Theils dienenden Mitteln entdecket werden, Dritte Edition, Coburg 1730, [Nachdruck Leipzig 1981], S. 17-18.
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