Zweyter Auftritt.

[138] Zimmer des Odoardo, mit einem Mische, und etliche um selben herumstehenden Geldtrühen.


ODOARDO sitzt im Schlafrock, und eine grosse Perüque aufhabend, beym Tische. Ich bin niemals so unruhig gewesen, als itzt, da ich so vieles Geld zu Haufe habe. O! wie glücklich sind doch diejenige, welche das Ihrige so verwahren, daß sie davon den Nutzen ziehen, und nur so viel zu Hause behalten, als ihnen zum täglichen Unterhalte nöthig ist; auf die Coffers kann man sich nicht verlassen, denn da gehen die Diebe am ersten drauf los, wenn ich nur ein sichres Winkel im Hause wuste, es geht mir nur noch ein weniges ab, so trachtete ich Papiere mit einem christlichen Rabat von 30. per Cento[138] blos aus Liebe des Nächsten einzuhandeln; allein ich kan nichts ersparren, meine Leute fressen wie die Jagdhunde: wenn ich nur machen könnte, daß in dem Calender die Quatember verdoppelt würden, dann meine Leute fasten zu wenig, sie werden allzu lüstern, und ich könnte wenigstens 100. Gulden ersparren; mir ist nicht um das Geld, sondern nur um die guten Werke, ein Hausvater muß allezeit für seine Leuthe sorgen. Ich hab schon öfters bey mir überlegt, ob der Mensch nicht hätte können ohne Magen erschaffen werden: ich könnte sehr viel ersparren, wenn meine Leute nicht hungerte. Doch, das will ich noch hingehen lassen, weil ich es nicht ändern kann, aber wenn ich die junge Pflastertretter sehe, die die schönen Ducaten aus ihrem Model bringen, und auf die Westen sticken lassen, daß kan ich ohne Ärgerniß nicht sehen nein, daß ist eine himmelschreiende Sache, daß ist eine Todsünde! Doch! diese Leute sehen den Nutzen des Goldes nicht so ein, meine selige Frau machte es eben so; und ich erholle mich in etwas, wenn ich betrachte, daß ich wieder frey bin, und meine geweste Hausehre die stille Ruhe genießt, ich will kein Geschrey machen, daß ich sie nicht wieder aufwecke: ich hätte noch müssen betteln gehn, wenn sie länger gelebt hätte. Das letzte Kind, so ich mit ihr gezeuget habe, hat mir viel Angst verursachet, der Himmel hat mich aber von dieser Last befreyet, und ich ward darüber so froh, als ob mir eine ungewisse Schuld eingegangen wäre; meine Tochter, die ich noch habe, diese liebe ich, denn sie ist wirthschaftlich, ob sie mir schon nicht in allen recht thut so lieb ich sie dennoch, denn sie hat ein hüpsch Gesichtel, und wann mir mein Anschlag geräth, so wird sie von meinem Gelde wenig brauchen, denn eine reiche Heurath mit einem alten ansehnlichen Manne wird sie glücklich machen, die Jungen sind ohne dem zu flüchtig, und wissen nicht mit dem Gelde umzugehen. Ich höre jemanden, ich muß meine Säcke einsperren, und trachten, sie wohl zu verwahren; holla! wer ist vor der Thür?


Quelle:
Die Maschinenkomödie. Herausgegeben von Dr. Otto Rommel, Leipzig 1935, S. 138-139.
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