Fünfter Auftritt.

[143] LEANDER. Es war mir nicht möglich, die Zurückkauft meines Dieners zu erwarten; noch viel weniger den Besuch auf Nachmittag zu verschieben, ich nahm mir also die Freyheit ihnen noch vor der bestimmten Zeit einen Besuch zu machen: sie haben aus meinem Briefe mein redliches Absehen erkennet, was darf ich hoffen? werd ich mir wohl mit dem Besitze des Fräuleins schmeicheln können?

ODOARDO vor sich. Der kömmt mir wahrhaftig ungelegen, Zu Leander. ich bin ganz erstaunt, daß meine Tochter das Glück hat, ihnen zu gefallen; ich sehe an ihnen einen vollkommenen Cavalier, und zweifle keineswegs an allen dem, was ich gelesen; meinem Hause würde eine sonderbare Ehre zuwachsen, wenn meine Tochter sich mit ihnen verbinden sollte; allein ich muß ihnen melden, mein Herr von Leander, daß meine Tochter erst 16. Jahre, und noch gar keine Lust zum Heurathen hat; sie vergeben mir also, daß ich das Glück, und die Ehre, wider meinen Willen von mir abwenden muß; das ich ohne diesen Umständen mit beyden Händen ergreifen würde.

LEANDER. Wie? das Fräulein soll erst 16. Jahre haben? sie wollen mich probieren, aber sie irren sich stark, wenn sie glauben, daß ich wankelmüthig sey, halten sie mir es zum guten, wenn ich ihnen sage, daß das Fräulein das 22ste Jahr würklich angetreten hat; und was die Neigung zum Heurathen anbetrift; so halt ich ihre Worte in Ehren, aber das glaub ich schwerlich, ich verstehe die Sprache der Augen gar zu wohl.

ODOARDO. Mit wenigen sag ich ihnen, daß meine Tochter für sie gar keine Neigung hat, ich gebe auch nimmermehr zu, daß sie vor 34. Jahren heurathe, die junge Leute heurathen zusamm, vermehren sich, wie die Küniglhasen, und hernach schickt man die Kinder dem Schwiegervater über den Hals, der soll sie ernähren, und das kost Geld. –[143]

LEANDER. Sie dürfen sich gar nicht ereifern, wenn Angela für mich keine Neigung hat, so verlang ich sie nicht, lassen sie sie kommen, daß ich es aus ihrem Munde höre, und ich will ihnen weiter nicht überlästig seyn; denn von dem Fräulein muß ich es hören: ich heurathe ja nicht den Schwiegervater, sondern die Tochter, sie kommen mir ein wenig eigensinnig vor, dieß heißt. Cavaliere von meinem Range nicht so empfangen, wie es derselbe erfodert.

ODOARDO. Und sie kommen mir ein wenig naseweiß vor, sie wollen meine Tochter von mir erzwingen, ich kann sie geben, wem ich sie will, sie ist meine Tochter, ihre verstorbene Mutter hat es mir für gewiß gesagt, und wenn sie das nicht glauben wollen, mein Herr Baron, so gehen sie mit mir ich will es ihnen in ihrem Geburtsbriefe weisen.

LEANDER. Es ist ein blosser Eigensinn von ihnen, Angela liebt mich gewiß auf das heftigste, sie allein wollen sie mir nicht geben, aber denken sie gewiß, daß mich dieses nicht hindern soll, ihre Tochter zu lieben, ich muß sie erhalten, oder sie werden erfahren, daß ich mir selbst ein Leid anthue.

ODOARDO. Das sind hitzige Ausschweifungen; ich bitte sie Herr von Leander, machen sie sich keine weitere Ungelegenheit: wenn sie nicht in dergleichen Angelegenheiten in mein Haus gekommen wären, würden sie mir lieb und angenehm gewesen seyn; aber so sag ich ihnen verläßlich, daß sie meine Tochter nimmermehr erhalten werden; ich glaub sie werden mich verstanden haben, ich empfehle mich ihnen höflich. Will gehen.

LEANDER. Diesen Afront sollen sie mir nicht umsonst gethan haben, hätt ich ihren Eigensinn, wie er mir schon beschrieben worden, wahr zu seyn geglaubt, so hätt ich die Reise nach ihrem Landgut gewiß nicht unternohmen, noch ihnen ein gutes Wort gegeben.

ODOARDO. Sie hätten ihre Reise wahrhaftig ersparren können, ich gieb ihnen meine Tochter nicht, und wenn sie ihr zu gefallen auch schon aus der Welt reisen wollten.

LEANDER zornig. Ja dieses soll auch geschehen; da sie mir ihre Tochter nicht geben, so eil ich als ein rasender Mensch, wohin mich meine Verzweiflung führt, und mein Geist soll nach meinem gewissen Tode, der einzig von ihrem Eigensinn herrührt, sie auf allen Seiten verfolgen, und an ihnen die grausamste Rache nehmen. Geht zornig ab.

ODOARDO ruft ihm nach. Keine Hitzigkeiten. Dieses ist die allgemeine Sprache junger Liebhaber.

HANSWURST vor sich. Itzt werd erst ich noch mit ihm reden.[144]

ODOARDO vor sich. Was das heuriges wär, daß man nur gleich herlief, die Tochter von dem Vater begehrte, und wenn er sie nicht hergiebt, mit Tod und Mord drohete; Er lacht. ha! ha! Sieht den Hanswurst. was macht er noch da?

HANSWURST. Ich wart auf die Colombina, meine Braut.

ODOARDO. Die wird er nicht erwarten können, denn er kriegt sie nicht.

HANSWURST. Ich muß sie haben.

ODOARDO. Und er soll sie nicht haben.

HANSWURST. Warum? heurathen sies vielleicht?

ODOARDO. Was soll ich sie heurathen, närrischer Teufel, ich heurathe gar nicht mehr.

HANSWURST. Oder, brauchen sie vielleicht einen Hauszeitvetreib?

ODOARDO. Ich rath ihm, hör er auf in meinem Hause insolent zu seyn.

HANSWURST. Und ich rath ihm gieb er mir die Colombina, oder – Stost ihm die Faust unter das Gesicht.

ODOARDO. Was – gütiger Himmel! was für Grobheiten?

HANSWURST. Es sey, wie es will, ich muß die Colombina haben, und wenn der Teufel drin wär, sie ist seine Tochter nicht, und er ist mir nicht im Stand das Mädel zu verbieten.

ODOARDO. Schau grober Schroll, just sollst du sie nicht bekommen.

HANSWURST. Du ruinirter Marodibruder! du Alter! itzt werd ich bald über die Geduld hinausgehen. Er rupft ihn bey der Perüque.

ODOARDO. Was? – he Leute! Riepel wo – seyd ihr?

HANSWURST. Ich werd der Narr nicht seyn, daß ich mich umbringen will wie mein Herr, ich will dir, alte Geizkragen zum Possen leben und ich will dir so viel Verdruß machen, daß du auf mich denken sollst. Schnalzt ihm in das Gesicht.

ODOARDO. He Riepel! – Riepel!


Quelle:
Die Maschinenkomödie. Herausgegeben von Dr. Otto Rommel, Leipzig 1935, S. 143-145.
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