[Befärbet- Vmnärbet]

[31] Solcher massen musten wir auch hier/ dem Ansehen nach/ leer abziehen/ weil uns der Gegenhall keine (vermeinentlich) richtige Antwort ertheilen wolte. Strephon aber dachte dessen Widerredē etwas reifer nach/ und sagete: Wie wann die Nymphe uns etwas anders angedeutet hätte/ als wir begehren/ daß aber doch damit unsrem Streit abgeholfen wäre: Wie sie dann auch mehrmals eine Wahr- und Vorsagerinn gewesen derer Sachen/ welche kurtzkünftig haben geschehen sollen. Sie sagt/ wir sollen den Krantz theilen/ und er werde uns alsdann all so nützen/ daß wir dessen Ruhm haben/ wohlan/ wir wollen sehen/ was sich zutragen möchte. Damit nahme Strephon den Krantz/ und wolte ihn zertheilen/ wir befanden aber/daß er mit sondrem Fleiß von mancherley schönen Feldblumen zusammengetragen/ welche unter denen Lorbeer-Blättern artfügig eingeschlichen/ also/ daß wir abermals Bedenken trugen/ ein so schikkförmiges Gebände zu zergliederen. Nein/ nein ruffete ich/ er bleibe wie er ist/ und kröne hinfort den Wirbel Strephons/ welcher wohl eines besseren würdig/ als dieses ringfügigen. Strephon aber wolte weder den Krantz noch das Lob auf sich nehmen/ sondern mir ebenfalls den Verdienst dieses Danks und die Besitzung des Krantzes in den Busen schieben.[31]

Endlich/ nachdem wir eine geräume Weil gestritten/ (ein jeder aber/ wie er dem andern diese Ehr aufdringen möchte) sprang Strephon auf/ und sagete: Jetzt verstehe ich/ was uns der schwätzige Fels zu verstehen geben wollen/ nahme darauf den Krantz/zerschnitte das/ was ihn zusammenhielte/ und fuhr folgends fort wider mich/ ich solte mir eine/ von denen Feld-Blumen oder Gewächsen desselben/ ausersehen: Also erwälete ich mir den KLEE1/ und Er selbst ihme das MAJENBLVMCHEN.2 Das übrige fassete er wieder mit dem Faden/ und hengete den entgäntzeten Krantz an den nächsten Baum/ ferner also redende: Es soll/ vormahliger der Nymphen Aussag nach/ dieses Krantzes Riß bunt verhren die Hirten. Demnach so behalte Klajus sein Feldkraut/ und ich meine Blum/ und sollen die Blumen das Bemerke unsrer Hirtengenosschaft seyn/ welche auch forthin die Gesellschaft der Blumen Schäfere heissen mag.

Wird sich aber nach der Zeit einer oder der andre Schäfer belieben lassen/ in diese zu uns zu treten/ der soll von uns mit einer Blum aus jenem Krantz/ nach seinem Gefallen/ beschenket/ und in dieselbe unverzüglich aufgenommen werden/ Jedoch mit der Bedingung/ daß er fortan unsrer Mutter-Zung/ mit nützlicher Ausübung/ reinen und ziersteigenden Reimgedichten/ und klugen Erfindungen/ emsig wolle bedient seyn/ und bemühet in Beförderung ihres Aufnemens. Dieweil aber/ fuhr er fort/ diese Blumen mit Wäre der Zeit verdorren und nichtig werden möchten: So will ich eine jede derselben/ so viel deren dem Krantz einverleibet/ mit Seiden auf ein weisses Band stikken lassen/ solcher gestalt/ daß man an einem End die Blum/ an dem andern aber den Nahmen dessen/ der solche belieben würde/ sehen soll. Hierzu täte er am End folgende Bild-Reimen:

[Befärbet- Vmnärbet]
Fußnoten

1 Kl. Feldgew. der Klee


2 Anfang des Ordens. Str. Feldbl. das Majenbl.


Quelle:
Georg Philipp Harsdörffer/ Sigmund von Birken/ Johann Klaj: Pegnesisches Schäfergedicht. Tübingen 1966, S. 31-32.
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