[Es wallt das Fluhtgelall- die schnellen Wellen schwellen]

[76] Kurtz hernach (vollfürte Strephon) kam ich zu den beyden in ihre Hürden/ und fand alda für mein Gedicht/ wie erzälet/ unversehens zwey andre. Daher ich veranlast wurde/ solche meines Gedichtes Kinder mit mir zu nehmen/ und neben demselben (dann ich schriebe das Meinige nach der Hand aus denen beyden wieder ab) unter andern meinen Lustgedichten aufzubehalten.

Floridan lachete ob dieser seltsamen Abenteuer/mit Vorgeben/ daß Strephons Kunstgedanken in Warheit fast Fruchtbringende wären/ weil sie also/ zuvor eintzelich ausgereiset/ selbdritte wieder zu Hause kämen. Montano aber und Klajus konden sich hierob nicht satsam verwunderen/ Endlich aber fienge Montano an/ unnd sagete/ er vermissete in der Erzälung[76] weiters nichts/ als daß Strephon zu Ende vergessen der Entschuldigung wegen begangener höflichen Entwendung des Gedichtes. Welches Strephon mit diesem beantwortete/ er erwarte vielmehr von ihnen einer demütigen Abbitte/ üm daß sie ihme sein Gedichte so freventlich angehalten und gehörter massen gleichsam geradbrechet hätten. Es versetzete Montano/ daß sie ihrerseits auch dieses nicht schuldig/ sondern hingegen Dankes von ihme gewärtig wären für die Heimsteuer/ mit welcher sie seine Verse begabet wieder hinweggelassen. Worüber sie dann alle lacheten/ und in solchem

Aber etwas/ und das sie zuvor übersehen/ an besagten Baum geschriebenes erwittreten/ welches sie sobald ablasen/ und folgendes Innhals befanden:


Es wallt das Fluhtgelall/ die schnellen Wellen schwellen/1

Die helle Wellenzell ballt den Krystallenwall/

Der Wollenhüter2 billt/ die Lämmerhälse schellen:

Doch schallt vor allem wol der helle Gegenhall.

Fußnoten

1 Letterhäufelungen.


2 Schafrüden.


Quelle:
Georg Philipp Harsdörffer/ Sigmund von Birken/ Johann Klaj: Pegnesisches Schäfergedicht. Tübingen 1966, S. 76-77.
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