[Was unser Muht vermocht/ weiß alle Welt zu melden]

[49] Diese Höle war etwas änge/ aber zimlich lang/ und wusten die Schäfere nit/ wo sie die zu durchsehen solten anfangē/ so vielfältig sahen erstes Eingangs gegen ihnen die prächtigsten Bildnissen/ als ihnen jemahls vor Augen kommen: Dann es hiengen zu beiden Seiten gegeneinander über herrliche Tafeln von dichtē Golde/ mit über die massen schönen Gemälden kostbar. Es waren aber die Bildnisse alle im gantzen Küriß anzusehen/ auch gekrönet/ jedoch unterschiedlich/ teils mit Königlichen/ teils mit Fürstlichen/ teils mit Gräflichen/ udg. Kronen/ allein der Letzerē etliche hatten/ an stat deren/ Lorbeer-Kräntze/ allermassen/wie sie vorzeiten die Römische Feldherren/ wann sie im Triumf eingezogen/ gebrauchet/ mit kunstprächtiger Arbeit denen Tafeln derselben einverleibet/ von deren Glantz das gantze Zimmer erhallete1. Sonsten fünkelten daselbst von dem Krongipfel dreyer Königshäubter drey Karfunkeln/ jedweder so groß als ein Taubeney/ Es war auch je zwischen zwey Tafeln zum Vnterscheid eine Seule von Porphyrstein gesetzet/ und sahe man unten am Ende der Höle noch viel leere Abschnitte/ vielleicht/ damit nach der Zeit mehr Tafeln könten beygehenget werden.

Die Schäfere fiengen an die Tafeln/ von der ersten an bis zu der letzten/ aufs genauste zu besehen/ und dz täten sie üm soviel desto lieber/ weil sie unter einer jedlichē etliche Reimē geschriebē fanden/ und dabey den Namen des Helden/ von dē solche redeten/ auch zu Ende der Bildschrift das Jahr/ in welchen er abgeleibet. Vnd verhielte es sich/ zur rechtē und linkē Seiten/ mit diesen folgender massen:


[49] Heinrich Graf zuTampier

und

Carl Graf zu Bucquoy.2


Was unser Muht vermocht/ weiß alle Welt zu melden/

Man frag' Antenors Stadt3 und samte Niederland/

Wir dämpften erstes Dampfs den Teutschen Kriegesbrand.

Bald grub uns Vngarn ein/ das Grab beruchter Helden.


Gest. A. 1620. 1621.


Moritz/ Printz von Vranien.


Mein Helden-Hand hielt auf die Hoffnung in der Flucht/

Es niesset Niederland nach meiner Thaten Frucht.

Ich hab der grösten Kron mit Glükk mich widersetzet:

Der hat den stärksten Feind/ der die Gedult verletzet.4


A. 1625.


Ernst/ Graf zu Mansfeld.


Ich war ein küner Held/ dem mancher Held zuwider/

Doch legte meinen Ruhm und mich das Beuten nieder.

Ich hab den Feind mit Krieg/ und sonder Geld/ gefehrt/

Die That erwehrtet Lob/ wann Kriegen Krieger nehrt.


A. 1626.


Philippus 4. König in Hispanien.


Mein Sinn sann überweit/ das hat mein Tod verkürtzt/

Mein Tod hat dessen Glut ins küle Grab gestürtzt:

Noch glimmt der hohe Raht/ man wird sein nicht vergessen/

Es blühen Lorbeer auf nechst meinen Grab Zypressen.


A. 1627.


Wilhelm/ Printz von Vranien.


Gleichwie der Phönix wird von Flammen aufgefressen/

Vnd einer seiner Art kreucht aus der Asch hervor:

So stieg ich auf dem Grab/ als Moritz fiel/ empor.

Vns Beyde rümt die Welt/ wir bleiben unvergessen.


A. 1627.


[50] Gabriel Betlem/ Fürst in Siebenbürgen.


Wer Krieges-Zepter fürt/ der lerne von mir Siegen/

Mein Krieg war bald geendt/ doch sonder Siegers-zwang.

Wer friedlich siegen will/ der kriege nicht zu lang:

Der längste Sieges-Ruhm ist allerkürtztes Kriegen.


A. 1629.


Christian/ Fürst zu Anhalt.


Man sagt/ ich trage Schuld/ daß man noch Waffen trägt/

Die ich der erste nahm. Nein/ Landgemeine Sünden/

Ach! Sünden konden so den Jammerkrieg anzünden.

Ein jeder/ was er mich beschuldet/ bey sich hegt.


A. 1630.


Ambrosy Spinula/ Marggraf von Seste.


Den Feinden war ich stäts ein scharfer Stachel-Dorn/5

Die Pfaltz und Niederland bezärt noch meinen Zorn/

Der Mantuaner auch. Hälf Dapferkeit für Sterben/

Man läse dieses nicht: Mein Ruhm wird nie verderben.


A. 1630.


Dietrich Falkenberg.


Ich war mit Raht und That ein klugbehertzter Held/

Der sonsten eine Red nie zweymahl vorgestellt.

Die mir vertraute Magd hab ich mit Macht geschutzet/6

Vnd biß in meinenTod des Feindes Trutz getrutzet.


A. 1631.


Johann Tserklaes/ Graf von Tilly.


Mein Ruhm sagt/ wer ich bin: Ein alter Kriegesmann/

Den Trunk noch Lieb betört/ Doch nahm ich Krantz und Ehre

Der grossen Burge-Magd/ von der ein Blutbad rann:

Es mordet auch/ der ficht/ Mich kränkt es ja so sehre.


A. 1632.


[51] Gustavus Adolphus/ König in Sueden.


Ich fiel/ wann fallen kan/ der stäts den Feind bestanden/

Doch hab ich eine Seul im Fallen aufgestellt/

Die Seule meines Siegs. So steht in Teutschen Landen

Mein Wunder-Helden Nahm/ der nimmer nimmer fällt.


A. 1632.


Gotfried Heinrich/ Graf zu Pappenheim.


Wie lebt/ der lebt voll Forcht? Ich kan kein Feiger seyn/

So sagt ich/ der ich war zu Krieg und Sieg erschaffen.

Ich stunde Mauerfest/ und Lützen warf mich ein:

Die Wunden zieren den/ der stirbet in den Waffen.7


A. 1632.


Frierich/ Pfaltzgraf bey Rhein.


Die Böhmen hatten mich zu ihrem Haubt erfraget/

Bekrönet meinen Hut: Der Raht vermisst die That/

Nun daß der Krebesgang ihn so geäffet hat.

Das Glükk hat mir die Kron/ der Krieg den Sieg versaget?


A. 1632.


Vlrich/ Printz aus Dennemark.


Ich war ein Kriegesheld/ ein König von Geburt/

Vnd auch der Musen Sohn.8 Ich liebte den Poeten/

Vnd Opitz wieder mich. Mich gab in Friedesfurt

Ein falscher Bissen Bley windschnellen Todesnöten.


A. 1633.


Albrecht Wentzel/ Hertzog in Friedland/ Graf zu Wallstein.


Nicht Ankunft/ mein Verdienst gab mir den Fürstenfahn/

Doch war die Ehrenschwell ein schneller Trauerschwan.

Verdacht hat mich ermordt/ Mord kürtzte mir das Leben/

Mein und des Täters Recht wolt lange wagbar schweben.


A. 1634.


[52] Johann von Aldringen.


Du kennest/ Mantua/ die dapfre Ritterfaust/

Die auch der Teutschen Haubt zu Diensten angenommen.9

Bald hat mich auf der Fahrt ein Mordmetall durchsaust:

Vnselig ist/ üm den die Neiderhummeln brummen.


A. 1634.


Ferdinand/ Infant aus Spanien.


Der seltne Tugendtrieb trieb meinen Heldensinn

Vor Nördling in das Feld/ das von mir weiß zu sagen/

Dem dritten Ferdinand half ich die Feinde schlagen.

Bald nehme Sieg und mich die Kinderkrankheit hin.


A. 1638.


Frantz Albrecht/ Hertzog zu Sachsen-Lauenburg.


Dem Keiser blieb ich treu/ da andre Seitwarts wichen/

Ich hielte/ wie man soll. Doch must ich bald davon:

Das Werk hat mir versagt/ den Willen lobt der Lohn.

Kaum war ich Haubt erwält/ da war mein Haubt verblichen.


A. 1638.


Bernhard/ Hertzog zu Sachsen-Weinmar.


Dort/ als Gustavus fiel/ mißfiel mir fast zu leben/

Doch blieb mir Feld und Sieg/ der mir gefolget nach.

Mir hat der Vatter Rhein die Blum der Töchter geben:

Von der ich kriegte Preiß/ die Feinde Spott und Ach.10


A. 1639.


Matthias/ Graf von Turn.


Ich war es/ der zumahl der erste grief zum Degen/

Dem grossen Adler dorft ich mich zu wider legen.

Die Bömen fürt ich an/ zog vor die Keiser-Stadt/

Gantz Mähren fiel mir zu. Von mir redt manche That.


A. 1640.


[53] Johann Panner.


Mein König wälte mich zum Raht und Kriegsgesellen/

Der war ich/ weil ich war üm ihn/ mit Raht und That/

Der Taht und Tugend-Ruhm mein Haubt bepalmet hat/

Mich kränkte/ daß nicht solt ein Feind im Feld mich fellen.


A. 1641.


Obrister Schlang.


Ich war von schlechtem Stand/ doch grösser am Gemüte

Vnd an Verstand/ als der vom Fürstlichen Geblüte:

Ein Held an Hertz und Witz/ der erste stäts vorm Feind/

So fand mich auch der Tod. Mich lobet Feind und Freund.


A. 1642.


Ludwig 13. König in Frankreich/ beygenahmt der

Gerechte.


Mich hat das Tugend-Recht benahmet den Gerechten.

Die Rechte meines Sohns soll mir ein Recht verfechten/

Ob die gerechte Sach berechte meinen Krieg:

Auf Rache/ die gerecht/ folgt der gerechte Sieg.


A. 1643.


Frantz Mercy.


Dem Spielen war ich gram/ und geiler Metzen Schaar/

Dem Saufen spinnefeind. In teuren Tugendschätzen

Vnd hoher Dapferkeit sucht ich nur mein Ergetzen.

Ich fiel/ die Tugend lebt/ der Leib ruht auf der Baar.


A. 1645.[54]


Vnten aber an der Wand/ Ende der Hölen/ stunde dieses.11


Du/

Der du deinen Ruhm/

In teures Gold gebildet/

Wilst hier bey diesen sehn/

must

Haben offt bestritten

mit

Hand und Helden-Witz

Die Feinde.

Helden-Sitten

Hat hier

Die Ewigkeit

Mit Zierd und Lob

beschildet.

Fußnoten

1 Liv. I. 4.


2 Lobreimen.


3 Venedig.


4 Spanien. Patientia læsa Fit furor.


5 Spina.


6 Magdeburg


7 Balde.


8 κατ ἐξοχὴν nach der Vbertrefflichkeit.


9 Ferdin. 3.


10 Breis. ach.


11 Wandschrift Inscriptio.


Quelle:
Georg Philipp Harsdörffer/ Sigmund von Birken/ Johann Klaj: Pegnesisches Schäfergedicht. Tübingen 1966, S. 49-55.
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