[371] D. Hieronymus in seinem Sendschreiben.

an


Nepotianum.

Wir haben dieses nicht wider unsere Feinde / sondern für unsre Freunde geschrieben / wir haben diese / welche sündigen / nicht angegriffen / sondern damit sie nicht sündigen / vermahnet / und haben nicht nur wider sie / sondern auch wider uns ein Straff-Urtheil gesprochen: Doch haben wir niemands beleidiget / niemand benennet / niemand absonderlich vermeldet. Unsre Wort handlen von Tugenden und Lastern ins gemein: Wer sich beleidiget findet / zörne nicht über uns / sondern über sich selbsten / weil er bekennet / daß er mit gemeldten Lastern behafftet ist.


Erasm. Roterod.

Wer der Menschen Leben also beschreibet / wie es ist / und niemand mit Namen benennet / dem kan man keine Schmähsucht beymessen / indem er lehret und vermahnet. Wann deßwegen sich einer getroffen findet / so klaget er entweder sein eygenes Gewissen an / oder er gieb seine Furcht zu verstehen. Die Menschen ins gemein werden darunter nicht verstanden / sondern nur die jenigen / welche unter den Frommen böß zu seyn / oder böß zu scheinen pflegen.


An den überwitzigen und aberwitzigen MOMUM.

Meister Klügling / Fensterdichter /

Schneelaug / Spötter / Splitterrichter /

Hastu wol hierein geschaut /

Du solst hiervon ferne weichen /

Weil der Schauplatz nicht erbaut /

Für dich und für deines gleichen.

Er steht allen Frommen offen /

Die hier Lust und Lehren hoffen /

Kein Mensch wird auf Erden seyn /

der entfreyt von allen Sünden /

sich kan nennen Engelrein:

Gleichfals ist kein Buch zu finden /

Daß nechst / Sachen die zu preisen /

keinen Fehler solte weisen.


ENDE.

Quelle:
Georg Philipp Harsdörffer: Der grosse Schau-Platz Lust- und Lehrreicher Geschichte, 2 Bde, Frankfurt a.M. und Hamburg 1664, S. CCCLXXI371.
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Der Grosse Schauplatz Lust- und Lehrreicher Geschichte, Das erste Hundert. 2 Tle. in 1 Band.