(LXXVIII.)
Die bösen Weiber.

[283] Der Weiber Boßheit hat einer mit den Truckfehlern vergliechen / und gesagt / daß derselben underschiedlich: als zu Zeiten ist ein Buchstab außgelassen / zu Zeiten verwechselt oder verkehrt / oder der Setzer lieset unrecht / zu Zeiten gar eine andere Sylbe zu viel oder zu wenig / keine Buch aber ohne Fehler / und ein jeder Fehler stehet in allen Exemplarien. Also sagte er seynd etliche Weiber mehr fromm als böß / etliche sind Zornig / Zänckisch / Geitzig / Faul / etliche aber sind Xantippisch böß / und unterstehen sich ihr Haubt wider die Wand zu stossen; er wolte sagen ihre Männer zu schlagen: doch sey ein Fehler in allen Exemplarien doch einer erträglicher als[283] der andere Vielleicht könte man von den Männern auch der gleichen sagen / und ist keiner rein / der nicht mit eben solchen Unarten solte behafftet seyn.

2. Ein Geistlicher hatte auf einer hohen Schule gelehret / daß die Weiber keine Menschen wären: Als er nun auf einer Hochzeit von etlichen verständigen Weibern deßwegen übel angesehen / hat er sich dahin erkläret / daß er sie zwar nicht für Menschen / sondern für Engel halte / welche bey den Menschenkindern wohnen. Als sie nun mit dieser Erklärung sehr wol zufrieden / sagte er sie solten ihm verzeihen / wann er dafür halte / es gebe gute und böse Engel / etc.

3. Ein andrer vergleichte seine Liebste / welche einen Fehltritt gethan / und darüber einen geschwollenen Leib bekommen / mit dem Lucifer / sagend: daß sie / wie derselbe böse Engel / gefallen / etc. Wir wollen hier ein paar böser Weiber auf den Schauplatz führen / und als eine Schalthandlung / zu erfreulichem Gelächter früstellig machen / der Hoffnung / daß auf der hohen Schul der Gedult / wie jener den Ehstand genennet / diese Lehre von den Weibern billich zu treiben.

4. Zu Pariß hat ein Präsident oder Oberrichter deß Parlaments / welchen wir mit versetzten Buchstaben von Paliescare nennen wollen / ein Weib / welches dem Spielen sehr ergeben / und hat es natürliche Ursachen / welcher wegen die Weiber mehr zu gewinnsichtigen Spielen gereitzt werden / als die Männer / wie Paschasius Justus in seinem Buche de Alea umständig anführet. Zu welchem auch diese zu zehlen / daß die Weiber ihre Unvollkommenheit in unziemlichen Begierden / am meinsten sehen lassen / und nicht weniger zu dem Geitz / als andern Lastern geneigt sind / hiervon ist viel zu lessen in dem CCX. CCXXXIX. CCXXXVI. CCLXIV. und andern Gesprächspielen.

5. Dieses Weib spielte auf eine Zeitlang in die Nacht / und wurde von ihrem Herrn zu Bette zu gehen vermahnet: Weil sie aber im Verlust satze / und etliche hundert Cronen verspielet / wolte sie nicht gehorsamen / und muste der Mann allein schlaffen gehen. Nach zweyen Stunden stehet er wider[284] auf / und gebietet seiner Frauen nochmals ernstlich / sie solte zu Bette gehen. Die Frau fienge damals an wider zu gewinnen / entschuldiget sich und kame nicht.

9. Als nun der Tag fast einbrechen wolte / lässet sie ihr in die Kammer leuchten / und wil sich schlaffen legen. Der Mann erwacht / und als ihm die Frau / wegen ihres lang aussen bleibens / schlechten Bescheid gabe / weil sie verspielet unnd unlustig war: Versetzte er ihr ein paar Backenstreiche / darüber dann das Weib ergrimmet / und dem guten Alten / mit Hilff ihrer Magd / empfindliche Stösse widerfahren lassen; entlaufft von ihme in eine andre Kammer / und lässet den Herrn Präsidenten in Gesellschafft vieler bössen Gedancken.

7. Morgens verschweigt zwar der Herr von Paliescare die guten Stösse / klagt aber über seines Weibs Ungehorsam bey der Königin / und bittet umb gnädige Verhelffung. Die Königin sendet etliche von ihren Dienern dahin / und lässet diese Frau in ein Nonnen-Kloster versperren / daß sie darinnen Busse thun / und ihr Unrecht erkennen soll. Nach etlichen Wochen begehrte dieser Herr seiner Frauen wider / sie aber will nicht mehr auß dem Kloster / weil er sie einmal / als eine Ehebrecherin verstossen. Hat er nun sein Weib wider haben wollen / hat er ihr / wie man gesagt / einen Fußfall thun / und sie umb Verzeihung bitten müssen. Laß mir diese ein böse Frau seyn! Heist das nicht böses thun / und Danckbarkeit erheischen.

8. Ein Edelmann pflegte sich täglich zu bezächen / daß er alle Sine verlohre. Das Weib redete ihm mit guten und bösen Worten zu / er solte doch eine andre Kurtzweil suchen; es wolte aber alles nicht helffen / dann die Gewonheit bereit die Natur worden / und die Lebern erhitzt / daß er auch auß Durst truncken zu werden pflegte. Was für eine Freude bey einem solchen Säumann / ist unschwer zu ermessen.

9. Das listige Weib nun bedachte sich auf eine andere / und diese List. In dem Schlaf lässet sie ihn von ihren Mägden lincks und rechts brügeln / und beredete ihn den andern Tag / er were die Stiegen hinab gefallen / und hätte also in allen seinen[285] Sünden den Hals brechen können; er solte doch das Sauffen lassen / und bedencken / in was Leibes und Seelen Gefahr er sich stürtze / etc. Diese Abigail konte ihrem Nabel / bey nüchterm Morgen / das Haar gar kurtz abschneiden.

10. Der Edelmann fragte seinen Knecht / ob er gefallen / und zeigte ihme die grünlich blauen Flecken an den Armen. Der Knecht wuste nichts darvon / und von der Frauen beschuldiget / daß auch er so viel getruncken / daß ihm alle Gedächtniß entfallen / etc. Der Juncker gedencket hinder diese verdächtige Sache zu kommen.

11. Kurtze Tage hernach stellet er sich wider / als ob er truncken / und gantz voll were / befihelet seinen Knechten für der Kammer zu warten / unnd so bald er pfeiffen werde / hinein zu brechen. Als er sich schlaffen leget / kommen auf der Frauen Befehl die Mägde mit den Prügeln wider. In dem ersten Streich erwachet der Juncker / pfeifft den Knechten / und lässet den Mägden thun / was sie ihm vermeint / die Frau aber thut ihm ein Fußfall / und bittet umb schönes Wetter / die denn mit einem paar Maulschellen darvon kommen / von der Zeit aber hat der Edelmann den Wein zu trincken verredet.

12. Hierbey erinnere ich mich der Fabel von dem Löwen und dem Mahler. Der Löw sahe eine Tafel / auf welcher ein Mensch einen Löwen tödete. Ja / sagte er / wann wir Löwen auch mahlen könten / so solten vielmehr Löwen die Menschen / als Menschen die Löwen erwürgend zu sehen seyn. Also wann die Weiber von den Männern zu schreiben pflegten / wie wir von ihnen / solte nicht weniger von den Manns- als Weibspersonen gelesen werden.

Quelle:
Georg Philipp Harsdörffer: Der grosse Schau-Platz Lust- und Lehrreicher Geschichte, 2 Bde, Frankfurt a.M. und Hamburg 1664, S. CCLXXXIII283-CCLXXXVI286.
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