[368] Hochbetrübte Frau.
Mich verlanget die grůndlichen Ursachen euer Traurigkeit zu erforschen / dann daß solche eures Mannes Absterben solte verursachen / kan ich / jedoch mit eurer Verlaubnis / nit glauben. Wie solte doch der Tod den angenehm und verlangen machen / welcher in seinen Leben / von jedermann gehasst und geflohen worden. Ich glaube meinen Augen nit / wann ich euch über eürem Glück weinen sehe / welches ihr bey seinen Lebszeiten Ursach gehabt / und haben würdet / wann er wieder auferstehen solte; weil aber solches nit zu befahren / könt ihr mit gutem Gewissen lachen / daß man euch wegen seiner nit mehr trösten darf. Was ist doch das Leidtragen nutze / welches euer gantzes Hauß / biß auf eure Hemder Nachtfarb / und euch so viel silber heller scheinen machet. Leget doch die Comœdianten[368] Kinder hinweg / und gedencket / daß man in Scharlach auch Leid tragen / und unter dem Trauergewand ein fröliches Hertz bergen kan. Ein stück Feldes 6. Schuhe lang / trägt euch 3000. Reichsthaler jährliches Einkommens: Man solte meinen / es wächsen Diamanten und Edelgesteine darauff / aber nein / es ist die Erden / darunter der Sarck so fruchtbar ist. Soltet ihr nun zu der Traurigkeit ein eingesetzter Erb seyn? Seyd ihr nun klug / so bleibt Königin bey eurem Wolstand / und untergebet euren Willen keinen Oberhaubt; Es habe so schöne Haare / als in der Welt zu finden. Ihr habt nunmehr erfahren / wie übel die Reichen zu vergnügen / daß sie auch ihrer Weiber Träume wissen / und über ihre Gedancken herrschen wollen. Aus solcher Dienstbarkeit hat euch eures Mannes Tod erlöset / und ihr weinet als ob die Zeitung von demselben und er wieder auferstanden / falsch were. Schließlich bitte ich diese wolgemeinte Erinnerung nicht übel aufnehmen / verbleibend
Euerer Tugenden.
in Ehrgebühr verpflichter Knecht.
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Der Grosse Schauplatz Lust- und Lehrreicher Geschichte
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