(CXXII.)
Die Herolds-Kunst.

[80] Von dem Ursprung der Wappen ist unter den Gelehrten ein Streit. Etliche wollen sie von den Olympischen Schauspielen herholen / sagend daß die Kämpfferin denselben gewisse Farben / welche sie den Göttern zugeignet / erwehlet / als das Rote dem Kriegs-Gott Mars / das Schwartze dem Saturno / Feuerfarb dem Jovi / etc. und darvon sey nach und nach hergekommen / daß auch ihre Erben solche Farben in ihren Schilden und Wappen (oder Waffen) geführet. Andere wollen / daß solches von den Thurnieren die Personen zu unterscheiden / den Ursprung genommen; weil nemlich die Ritter in den Helmen nicht erkantlich / und ihr Angesicht verhüllet ist / haben sie durch äusserliche Zeichen sich müssen zu erkennen geben.

2. Beyde Meinungen können neben einander stehen / und ist mit Verlauff der Zeit darzu gekommen / daß man die löblichen Thaten / oder derselben Merckmahle in die Schilde[80] bezeichnet / und also ein Ehren Gedächtniß darauß gemachet / weil man denen / die jhr Leben auffsetzen / nichts darfür geben / oder sie darzu anfrischen kan / als vermittelst deß verewigten Nachruhms. Daher sehen wir in den Wappen Schwerter / Fahnen / Türne / welche die ersten Geschlechts überstiegen / eiserne Handschuhe mit Kronen / und dergleichen. Oder es sind die Schilde mit Löwen / Adlern / Pferden / Hunden / Füchsen / Wölffen / Beeren angefüllet / daß sie entweder solcher Thiere Tapfferkeit nachahmen / oder derselben eines auff der Jagt bestritten und überwunden / wie wir hiervon in Gesprächspielen ümständig von der Herolds-Kunst gehandelt / dahin wir uns beziehen.

3. Die Freyheit Wappen zu geben ist anfänglich bey Käysern / Fürsten und Herren beständen / welche keinen Oberherrn gehabt. Nachmals ist solche auff die Herolden (also genennet weil sie in dem Heer alt worden /) gekommen / welche eine Kunstverfassung daraus gemachet / selbe aber nit schriftlich / sondern mündlich gelehret und gelernet. Weil wir aber dieses Orts ersetzen / was in unsren Gesprächspielen ermangelt / wollen wir die Lehrsätze der Heroldkunst hieher erzehlen / und wie darwider gefehlet werde / kürtzlich beybringen.

4. Erstlich muß in den Wappen der Landsgebrauch in acht genommen werden. Die Frantzosen haben eine andere Art als die Italiäner / die Italiäner eine andre / als die Engeländer und Spanier / wie auch wir Teutschen halten die schlechten und einfältigsten Wappen für die ältesten und besten / wann sie aber gar zu viel Figuren / so sind sie neu / oder wol falsch und ohne Verstand visieret / wie jener Baur in Niderland / der an sein Thor einen gevierten Schild hat machen lassen / und darein einen Adler ein Pflugschar / einen Löwen / eine Seulen / einen Affen und eine Ganß / üm den Schild ein güldnes Flüß. Als nun der Printz von Nassau vorbey geritten / und ihn gefragt / wie er zu dem güldenen Flüß käme / hat er geantwortet: Wel myn Heer / dat stath so fry!

5. Zum ander sollen die Thiere in den Wappen nicht erdichtet seyn / und in einen solchen Stand gestellet / in welchen[81] sie ihre Deutung am besten außdrucken. Wann aber einer die ungereimten Farben zusammen gattet / wie jener der drey grüne Elephanten in einem Goldfarben-Schild geführet / und einandrer / der 3. silberne Gänßköpffe in einem güldnen Felde mahlen lassen / sihet man wol / daß der Erfinder deß Wappens ein Haas gewesen.

6. Drittens / wann ein Wappen kein Bild hat / so muß man allezeit ein Metall / und eine oder zwo farben / niemals aber die Farben allein / oder die Metallen allein gebrauchen. Die Farben sind rot / schwartz / grün / blau: Die Metall Gold und Silber / oder gelb und weiß. Die höchste Farb muß allezeit oben in dem Schild stehen. Wird der Schild nach der Länge getheilet / so ist die rechte Seiten in welcher man das Gewehr führet / die vornemste / der Thiere Klauen unn Schnäbel / oder Halsband sollen von Metall seyn / außgenommen die Amsel / wie Chassaneu wil. Jener wolte zu einem Wappen drey Schneeballen / in einem warmen Wasser.

7. Viertens sol der Helm gezieret seyn / mit dem Bild deß Schildes / Sind nun Striche und Farben in dem Wappen / so sind auff dem Helm Hörner / Federn oder Wülste / welches doch alles mit Unterscheid gegeben wird / und kommet solcher Adel vermutlich von der Feder her / wegen wolgeleister Dienste in Gesandschafft / oder andern Aembtern: Ist in dem Schild ein Thier / so sol auff dem Helm eben solches Thier auch seyn. Sonsten ist unten ein Kalb und oben ein Esel / welches etliche der Kunst unerfahrne nicht beobachten.

8. In den Helmen gilt es auch gleich / und haben die Blinden oder zugethanen Helm die Deutung / daß die edlen Knechte welche solche geführet / ein blinden Gehorsam haben leisten sollen. Die Freyherrn haben 3. Reiffe / die Graffen fünff / die Fürsten sieben / die Hertzogen neun / und die Könige eilff Reiffe in dem Visier geführet. Von den Zentelbinden und Helmdecken haben wir auch gemeldet / daß solche daher gekommen / weil die alten Teutschen ihre Wappen fleissig verwahret / und solche auch also mahlen lassen. Es ist auch dieses zu mercken / daß der Helm auff der Seiten einen Edelmann / eines Herrenstandes aber für sich sehen muß.[82]

9. Die Kronenwülste und Kräntze auff den Helmen haben auch jhre gemässne Gestalt / und sind die Kronen der Könige / der Fürsten / der Graffen etc. unterschieden. Es wird erzehlet / daß eines Käysers Einheitzer begehret Ihr M. solten ihme sein Wappen verbessern / und eine Perlene Krone darzu geben: Der Käyser hat mit lachendem Munde geantwortet / daß dieses sich nicht wol schicken würde / weil er in dem einheitzen leichtlich eine Perle von der Krone herab stossen möchte. Der Mahler nehmet Geld und machet einem jeden eine Königliche güldene Krone auff den Helm / und niemand saget ihm / Mahler was mahlest du?

10. Als König Ladislaus in Böheim / Käyser Friderichen dem Rotbart genant / wider die Mailänder tapffern Beystand geleistet / daß er auch die Statt Mailand oder Milan erobert / hat er den schwartzen Adler deß alten Böhmischen Wappens in einen weissen Löwen verwandelt. Als nun der Mahler solches gefertiget / und dem Löwen ein gar kurtzen Schwantz gemahlet / daß der König sich über den Mahler erzörnet / und gesagt daß es ein Affen und kein Löwenschwantz er wolte lieber seinen schwartzen Adler wider haben. Als solches für den Käyser kommen / hat er den Löwen mit einem doppelten Schwantz mahlen lassen / wie solchen die Kron Böhmen noch heut zu tage führet.

11. Zu Zeiten Käyser Karls deß Grossen / hat man Herolden genennet / welche zehen Jahr in dem Krieg gedienet / und das viertzigste Jahr uberschritten hatten. Diese waren zu Ruhe gesetzet / in wichtigen Geschefften zu Rath gezogen / mit grossen Freyheiten begabt / aller Beschwerniß und Bürgerlichen Auflagen enthoben / wer sie beleidigte / der bliebe nicht ungestrafft. Zu Zeit Käyser Friderichs ist die Heroldskunst in jhren höchsten Würden gewesen / und lieget solche adeliche Wissenschafft heut zu Tage fast under der Banck.

12. Erasmus sagt in seinen Gesprächen daß die Wirte nicht ohne sondere Deutung der Löwen / Beeren / Füchse / Wölffe und dergleichen gefressige Raubthiere / in jhre Zeichen mahlen liessen; massen sie mit jhren Gästen nicht anderst verfahren /[83] als solche Thiere mit den schwächern / und solle sich ein jeder vorsehen / daß er ja lieber bey der Gans / dem Weintrauben / oder Lamm einkehre / als bey solchen wilden Unthieren / die nicht freundlich sind / als andern Schaden zu thun.

Quelle:
Georg Philipp Harsdörffer: Der grosse Schau-Platz Lust- und Lehrreicher Geschichte, 2 Bde, Frankfurt a.M. und Hamburg 1664, S. 80-84.
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