(CXXV.)
Saalbader.

[90] Was Saalbader sey / ist fast jedermann bekant / und soll herkommen / von einem Bader an dem Saalfluß / bei Jena / der allen seinen Badgästen nur eine Geschichte von seinen guten Weinbergen erzehlet / und solche gegen einen jeden so offt er kommen / widerholet Deßwegen man eine schlecht Sache / die vielmals mit der Zuhörenden Verdruß für gebracht wird / einen Saalbader nennet. Die Neurung ist in allen Sachen sehr angenem. Ein Gemähl / das wir offt anschauen / ist uns niemals so angenem / als wann wir solches das erstemal sehen: Also auch gefället uns / was wir das erste mal hören / und wann wir es wider hören müssen / so wird ein Saalbader darauß / dergleichen wir hier zu lustigen Beschluß dieses fünfften Theils anfügen wollen.

2. Einer versprache einen andern groben Gesellen spitzfindig zu machen / und warffe eine grosse Anzahl Stecknadel in das Zimmer / und hiesse sie wieder suchen.

3. Die Kunst daß dir eine schöne / reiche / und freundlich[90] Jungfrau nachlaufft: Nimm und stiele derselben Person etwas / daß sie es sihet / so wird sie dir nachlauffen.

4. Die Kunst sich aller Orten beliebt und angenehm zu machen / bestehet in dem man jederman thut was er will / schenckt und giebt was man hat / etc.

5. Wer der reichste auff der Welt werden will / muß sich begnügen lassen / mit dem das er hat / und sich nicht gelüsten lassen / nach frembden Gut.

6. Die Kunst daß man einen seiner Bitte gewären muß / bestehet in dem man bittet / man soll einem das seine nehmen / der man soll einem nichts schencken.

7. Eine Jungfrau zu erlangen / muß man sich zu ihr manen / daß man sie mit dem Finger erlangen kan.

8. Ein Gemähl zu mahlen / daß der Rede nicht ermangelt / Man mahlet einen der trincket.

9. Sechs Gläser mit Wein unter einen Hut zu bringen. Man trinckt die Gläser auß / und setzt den Hut auff.

10. Niemals zu verspielen ist eine schöne Kunst / und ist gewiß / wann man niemals spielet / noch es mit andern / welche spielen / hält.

11. Daß das Getranck nicht wärmer / sondern kälter wird / ist eine probierte Kunst wann man den Wein erst sieden lässet / so wird er nach und nach kälter.

12. Unter 2. Aimer Wein einen halben oder gantzen Aimer Wasser schitten / daß der Wein seinen Geschmack behält / wird zu wegen gebracht / wann man das Wasser unter das Faß schüttet: Dann hier nicht gemeldet wird / daß des Weins mehr werden soll.

Also hat Lachen seine Zeit / und wer dieses und dergleichen nie gehöret / dem kömmet es fast lächerlich für; Der es vor weiß / hält es billicht für Saalbader.


Deß fünfften Theils deß Lusts- und Lehrreichen Schauplatzes.


ENDE.

Quelle:
Georg Philipp Harsdörffer: Der grosse Schau-Platz Lust- und Lehrreicher Geschichte, 2 Bde, Frankfurt a.M. und Hamburg 1664, S. 90-91.
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