(CLXI.)
Die Schatzgräber.

[232] Ersterzehlte Rähtsel beschreibt das Gold / welches nach jenes Käysers Meinung / der Schlüssel zu allen Pforten / solte ihn auch ein Esel tragen. Das Gold ist hart und erweichet die Felsen Hertzen / der Buchstab L. machet auß Gott Gold. Dieses Sonnen-Metall verblendet den Richter / unterbricht die Gerechtigkeit / kan das fünffte Element heissen / weil fast nichts ohne selbes geschehen mag. Ich setze diese Rähtsel nachfolgenden Geschichten von Schätzen und Schatzgräbern vor / auß welchen erhellet wird / daß das Gold in der Höllen Vorstatt nicht sicher.

2. Zu Deve in Siebenbürgen haben vor Jahren die Bauren unter einem alten Baum etwas glüntzern sehen / und weil es etliche Tage hart geregnet / und das Wasser den Sand weg gespühlet / haben sie gesucht und einen überauß grossen Schatz gefunden / welcher bestanden in einer Schlangen von dichtem Gold / eine grosse Anzahl guldner Müntzen zu 3. und 4. Kronen schwer / auf welchen das Bildniß Lysimachi deß Thracer Königs / und auf der andern Seiten das Bildniß deß Sieges. Den Bauren hat man darvon bey 20. tausend Kronen gelassen / das übrige so bey[232] hundert tausend Kronen war / ist dem König in Ungern und Böheim zugeeignet worden. Centerius von den Kriegen in Siebenbürgen im 4 Buch.

3. Ein armer Fischer zu Bresse in Franckreich Nahmens Barthol / fande an dem Wasser ein Gefäß voll Silbers / alter Müntzen / welche er verwechselt und ein Hauß darvon gekaufft / von dem übrigen hat er sein Weib und seine Kinder / deren fast viel gewesen / versorget / und ist ein Kauffmann worden / daß sich jedermann über den schnell erlangten Reichthum verwundert. Hiervon hätte man fragen können; ob solcher Schatz / welcher in dem Wasser / und nit unter der Erden gefunden worden / von dem Landherrn mit Recht ansprüchig hätte gemachet werden können. Die Fürsten halten das gemüntzte Geld für keinen den Fürsten zuständigen Schatz.

4. Der Markgraf von Piscaire / nachdeme er Tunis einbekommen / hat er vermittelst eines Genuesers Anweisung / in einer Cistern oder Wasserbehälter dreissig tausent Ducaten in ledern Säcken gefunden. Diese hat ihm nachmals der Käyser Carl der fünffte verehret. Jovius 24.

5. Der Schatz welchen der Hertzog Karl von Burgund in die Schweitz gebracht / und zu Grauson und Morat verlohren / ist fast unzehlig an gemüntzten und ungemüntzten Gelde gewesen. Die Schweitzer aber haben dazumal das Eisen an ihren Spiesen und Hellebarten wehrter geachtet als das Gold.

6. Zu Basel ist ein einfältiger Mensch / Namens Leonhard Liemman / eines Schneiders Sohn / in eine kleine Hölen / unferne von der Statt gelegen / gegangen / und hatte mit sich genommen eine geweihte Waxkertzen / und als er wieder herauß kommen / hat er Wundersachen erzehlet. Nemlich daß er durch ein eisernes Thor gekommen / durch viel Zimmer in einen Garten gelangt / darinnen ihn ein Jungfrau / welche eine halbe Schlange / zu einer eisern Truen geführet / darfür zween grosse schwartze Hunde gelegen / die ihn düsterlichst angebild: Die Jungfrau hette sich bedroht / die Küsten aufgeschlossen[233] und viel guldene / silberne und kupfferne Müntze herauß genommen / und Leonhard damit beschencket / die er auch gewiesen / und hoch verkauffet.

7. Diese Jungfer / oder vielmehr Teuffelsgespenst / hat ihm zu verstehen gegeben / daß sie eine verfluchte Königs Tochter und nit zu ihrer Gestalt kommen könne / es küsse sie dann / ein Jüngling / welcher niemals kein andres Weibsbild berühret. Darauff hat er sie zweymal geküsset / sie aber hat sich so ungeberdig und grimmig gestellet / daß er befürchtet / sie zerrisse ihn / wann er sie dz dritte mahl küsse. Als er aber wider ohne Schaden heraußgekommen / und sich mit seinem Geld bey Frauenvolck lustig gemachet / hat er die Hölen nit mehr finden können. Dieses erzehlet Stumpf / und sagte darbey / daß / ohne allen Zweiffel / der Orten ein Schatz vergraben / den ein Teuffel verhütet / wie in den Bergwercken der Meisterhämmerlein / oder das Bergmännlein / wie man ihn zu nennen pflegt.

8. Zu andrer Zeit ist auch ein armer Mann in diese Hölen gestiegen / und hat verhofft eine Steur zu seinen Haußwesen zu erheben / weil stadtkündig worden / daß es dem Leonhard so wol gelungen: ist aber nit weit hinein gekommen / so hat er sehr viel Todtenbeine angetroffen / darfür er sich so sehr entsetzet / daß er in grosser Eile den Ruckweg genommen / und mit leerer Hand und grossem Schrecken wieder nach Hause gelanget.

9. Unferne von Nürnberg hat vor 200. Jahren ein Zauberer einen Pfaffen einen Schatz in einen Krystall gewiesen / und die Hölen angezeiget / wo er hinzu gehen soll. Der Pfaff nimmet einen von seinen Freunden mit sich und gehet hinein. Der andre aber bleibet stehen / und wil dem Pfaffen nit folgen / wie er vermeint; er ist aber nit weit hinein gekommen / sihe da fället die Höle ůber ihm zusammen / und schlägt ihn tieff in den Erdboden. Johan. Wier. in 2. Buch am 5. Cap.

10. Es ist eine Frage unter den Juristen / wann ein Schatz gefunden wird / wem er zustehe? Hier ist zweyerley zu wissen erstlich wo / und dann wie er gefunden worden. Ist er auf gemeiner Strassen / oder unbewohnten Orten gefunden worden / so stehet er dem Fürsten oder der hohen Obrigkeit deß Orts zu[234] und gehöret gleichsam zu den Bergwercken / welche ein Antheil der Regalien sind / und unwidersprechlich den nicht angehet / der solches entdecket / ausser einer Belohnung für seine Mühe.

11. Wird ein Schatz durch Zauberkunst gefunden / welches mit der Wünschelruten / und auf andre Weise geschehen kan / (daß auch die Spanier / daß unter dem Wasser vermaurte / und mit besämten Ackern verborgene Geld erkundschaftet und außgegraben) so gehöret solcher Fund gleichfals dem Fürsten / und ist also verordnet / daß sich niemand deßwegen auf unzulässige Weise zu bereichern gelüsten lassen soll / und sagt hiervon das Sächsische Recht: Alle Schätze unter der Erden begraben / tieffer dann der Pflug gehet / gehören zu Königlicher Gewalt.

12. Wann ich aber einen Schatz finde in meinem ererbten / oder erkauften Gut / und kan stillschweigen / so mag ich solchen als einen absonderlichen Segen Gottes mit gutem Gewissen wol behalten: Es gehet aber ihrer vielen wie jenem / der gesagt / es mangle auf seinem Landgut nichts / als ein gar kleine Goldquelle / und ist das beste Mittel Schätze zu finden / fleissig beten / emsig arbeiten / und das seine zu rath halten. Jener Vatter sagte zu seinen Söhnen auf seinem Todbette / er hätte einen Schatz in seinem Weinberg vergraben / könte ihnen aber nit sagen / wo hin. Nach deß Vatters Tod gruben sie den gantzen Weinberg üm / fanden zwar keinen Schatz / aber durch die fleissige Arbeit wurde der Weinberg so viel fruchtbarer und nutzbarer.


Rähtsel.


Ich bin der Blumen Feind / ein runder kleiner Stricke /

Von feuchtem Erden Schlamm beseelet unnd gebunden /

Ich frage nicht darnach man schneide mich in Stücke'

ich hab in kurtzer Zeit mich bald zusamm gefunden.


Quelle:
Georg Philipp Harsdörffer: Der grosse Schau-Platz Lust- und Lehrreicher Geschichte, 2 Bde, Frankfurt a.M. und Hamburg 1664, S. 232-235.
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