(CLXXXVIII.)

Die Betrůbten Hochzeitere.

[675] In dem Himmel hat Gott einen Engel zum Buchhalter ůber die Ehestifftungen gesetzet / welcher so bald ein Mensch geboren wird / ihm eine oder mehr Gatten zuschreibet / und dieser suchet jedem seine Rechnung auf / wann er zu mannlichem Alter kommet / oder daß die Zeit seiner Verheuratung verhanden: welche aber unverheuratet leben / die stehen nicht in diesem Buch / und deßwegen bitten etliche Jungfrauen vergeblich daß man doch ihre Rechnung aufschlagen sol / die offt sie der Buchhalter in dem Register nichts finden kan.

2. In diesem Buch stehen etliche Anfangs und dieselben heuraten bald / etliche in der Mitten und solche kommen später in den Ehestand / etliche zu Ende und selbe müssen lang warten. Bey etlichen stehet ein Ringlein bedeutet eine gute Ehe: bey etlichen ein † und bedeutet Kreutz und Leiden / bey etlichen188. Die Betrubten Hochzeitere (die Wage und bedeutet eine gleiche Ehe / bey etlichen 188. Die Betrubten Hochzeitere und bedeutet viel Kinder / bey etlichen die 188. Die Betrubten Hochzeitere Jungfrau / bey etlichen der 188. Die Betrubten Hochzeitere und[675] bedeutet einen Hanrey / bey etlichen der 188. Die Betrubten Hochzeitere und bedeutet daß der Mann ein Löw in dem Hause seyn werde / bey etlichen die / zu versiehen / daß der Mann werde thun můssen / was ihm das Weib bedeutet. Etliche aber haben †† oder ††† und solchen geht es übler als ůbel.

3. Also sihet man / daß die Persohnen offt von ferne kommen / und zusammen heuraten / weil es von Gott also versehen. Mehrmahls wiedersetzen sich die Eltern und Befreunde können aber doch eine Heurat nicht hindern / weil es also in dem Ehebuch eingeschrieben. Der Teuffel sol auch über Huren und Buben ein solches Unzuchtbuch / mit roter Dinten geschrieben habe / welches viel dicker als das Ehebuch des Engels / und gehören auch dahin die Ehebrecher /welche in dem Himmelsbuch nicht zu finden sind.

4. In folgender Erzehlung / welche sich in Welschland begeben / erhellet eine sondre Straffe Gottes deren Ursachen uns Menschen unbewust / dem gerechten HErrn aller Herrn / sonders allen zweiffel wol bekant. Gleich wie wir das Wasser fliessend sehen /und nicht wissen desselben Quellen / also sehen wir zwar was geschihet / können aber die Ursachen nicht erkündigen.

5. Antoni Perillo ein Neapolitaner / ein reicher und unverständiger Jüngling hatte fast alles sein Haab auf Würffel und Karten verspielet? massen solches Mittel ein Loch in den Beutel machet / daß alles was man hat und hineinleget / durchsinket und gleichsam verschwindet. Wie die Soldaten / so einmal zwey- und dreymahl der Gefahr entrinnen doch das vierte und fünfftemahl darinnen ümkommen: also muß der jenige so den spielen ergeben heut / morgen oder ůbermorgen verlieren / wie wir hiervon ümständig gehandelt haben zu Anfang des dritten Theils unsres Schauplatzes der Lust- und Lehrreichen Geschichte.

6. Dieser Perillo verliebte sich in eines reichen Kauff-Herrns Tochter / und fande ihren Willen[676] nicht abgeneigt / deßwegen er bey ihrem Vater Peter Minio anwerben lässet. Diesem war Perillo böses Leben nicht unwissend / und schläget ihme deßwewegen seine mit höflichen Worten ab / giebet ihm aber benebens die Ursach zuverstehen / bittend / daß er solche väterliche Beysorge nicht übel aufnehmen wolle / etc.

7. Perillo fasset solche Hinderung zu Ohren / sammelt sein überiges Güttlein und erkaufft allerhand Waaren / willens einen Kauffhandel anzufangen / und sich mit denselben nach Alexandria zu erheben. Zu solchem Ende gehet er in ein Schiff / daß dahin Segelfertiglage / und stösset vom Lande / der Hoffnung /wann er würde wiederkommen / und sich bereichert haben / daß ihm Minio seine Tochter nicht versagen würde.

8. Nach lang erlittenem Ungewitter wird dieses Schiff von den Corsaren oder Seeraubern übermeister und Perillo in die Fessel geschlagen / als ein gefangner und leibeigner Knecht. So manches mahl er den Beutel gezogen / in das Spiel zusetzen / so manches mahl müste er die Ruder ziehen. Minio nun handelte auch in Barbarie und liesse aldar die Neapolitaner loß kauffen / welche ihme / wann sie zu bezahlen / das Lößgeld doppelt und drier wieder gaben / die Armen aber liesse er frey.

9. Dieses Minio Handelsdiener kaufften nun auch Perillo / unwissend was zwischen ihme und ihres Herrn Tochter im Werke gewesen. Als er nun in Minio Hauß geführet wurde / truge er die Beysorge /daß ihme die Tochter / als einem leibeignen Knechte /noch weniger würde gegeben werden / und bekommet durch sie Mittel sich frey zulösen: beginnet darauff mit seiner Freunde Beyhülffe wieder zu handlen / und erlanget mehr Reichthum in kurtzer Zeit / als noch sein Vater noch er zu vor gehabt hatten.

10. In solchem Stande lachte ihm das Glück an /daß er die Gewogenheit Minio erlanget / und als er zum zweytenmahl üm seine Tochter anwerben lässet /wird ihm solche / mit grossem vergnügen seiner gantzen Freundschafft versprochen / und in dem Brachmonat[677] die Hochzeit angestellet / mit solcher Begängnis / wie bey dergleichen Stands-Persohnen der Orten gebräuchlich ist.

11. In deme diese beede für der Menschen Augen wol geparte Eheleute zu Bette gehen / erhebt sich ein grausames Donnerwetter / mit Blitz / Schlossen und Hagel. Diese neue Eheleute mochten die Erfüllung und Sättigung ihrer Begierden nicht zu rucke halten /und vermeinten daß solches auch zu zeiten des erzörnten Himmels zulässig.

12. Ach unerhörter! Unfallbeede hatten einander umarmet / als der Donnerkeul sie in dem Ehebett zerschmettert / die Freude in Leid / und das Hochzeit Lied / in ein Grab-Lied verwandelte. Also endigte ihr Ehestand in seinem Anfang / und scheinet daß diese beede nicht mit einander leben sondern mit einander sterben sollen. Sie liegen aldar in der Haubt-Kirchen begraben / und würde dieser Fall von der gantzen Statt sehr betrauret.


Sünder / der du böses thust /

nach deß dummen Fleisches Lust /

was dir künfftig wird geschehen

ist dir jetzund unbewust.

Darum magst du wol zusehen /

daß nicht folge Reu und flehen.

Quelle:
Georg Philipp Harsdörffer: Der Grosse Schau-Platz jämmerlicher Mord-Geschichte. Hamburg 1656, S. 675-678.
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