(LXIX.)

Die feindlichen Beystände.

[229] In deme wir die traurigen Fälle unsrer bluttrieffenden Zeiten untersuchen / finden wir viel Exempel deß übelausgeschlagenen Zweykampfs / welche andren Erzehlungen einzuschalten / in angefügtem Register aber ordentlich zu befinden seyn werden. Man könte zu den Frantzosen wol sagen die Wort / deß Apostels: Wer hat euch bezaubert / ihr unverständigen Galater? Was Thorheit ist seinen Streit mit dem Degen entscheiden wollen / der mehrmahls dem unschuldigen und schwächsten Theil ableget / und noch andre fremde / welche einander nicht[229] kennen / noch die Ursach solches Streits wissen / mit in die Gefahrziehet.

2. In Gasconien hatten zween Edelleute / Collocer und Ampel / wegen ihrer Grentze Zwist und Irrung /belangend das Jag Recht / welches ein jeder von langen Jahren hergebracht haben wolte. Dieses hette nun durch verständige Schiedsmänner aus der streitenden Theile Beweißthum / und den Augenschein der Merkmahle erörtert werden können. Aber nein. Die Soldaten tragen ihr Recht in der Scheiden / und halten den Gewalt für Billigkeit / welcher doch die Ursache und Mittel aller Unbilligkeit ist.

3. Also nimmt Ampel zu sich Numidian / Collocer aber Prime / der sich nicht erkündiget mit weme er zu fechten / sondern für ein richtige Ursache gehalten /daß er zu einem Beystand angesprochen worden. Als nun diese viere auf den Platz kommen / sehen die Beystände daß sie nicht allein vertraute Freunde / sondern auch Gesippte und Geschwisterkinder. Durch das blinde Gesetz falscher Dichter Ehre solten diese viere zusammen streichen / und das Band der Freundschafft entzweyen.

4. Wie sich nun diese Beystände ohne Zorn und Feindschafft schlagen müssen / haben sie bald von einander abgelassen / und sich bemühet / die andren zween Collocer und Ampel zu vergleichen / welche beede bereit verwundet und einander hart zu setzten. Numidian sagte / daß sie ihre Tapferkeit bereit erwiesen / und wol könten vergnüget seyn / sie solten den Handel mit der Feder ausfechten. etc. Sie liessen es auch bey den Worten nicht verbleiben / sondern wolten sie mit Gewalt von einander treiben / und sondern.

5. Collocer sprach zu Ampel: Du sihest daß wir feige Memme zu Beyständen erkieset / laß uns wieder für einen Mann stehen / und sie nieder machen: hernach wollen wir den Handel ausfechten. Ampel antwortet mit dem Werk / und gehet so bald auf seinen Beystand Prime / wie auch Collocer auf Numidian[230] zu. Sie konten mit Worten nicht aufkommen / und diese Danckbarkeit / welche sie ihnen wegen dieser Gefahr schuldig / erkennen machen: Sondern es musste gefochten seyn.

6. Collocet stösset Numidian also bald / und fast ungewarnter Sachen zu Boden / kommet alsdann Ampel zu Hilffe / und nöhtigen diese beede Prime /daß er die Waffen von sich geben / und beseits gehen muß / der nicht sonder mitleiden Numidian seinen Freund und Vettern in seinem Blut rasslen sahe. Also waren diese beede ohne Hinternis / und gehen grimmiglich erhitzt wider einander / daß endlich Ampel /nach grossem Wiederstand / durch und durch gestossen / die Waffen fallen lassen / welche Prime ruckwarts hinzu lauffend ergriffen / unn seiner beede Freunde Tod rächen wollen / wird aber von Collocer auch überweltiget und tödlich verwundet / daß er auch den dritten Tag / nach Bereuung seiner Sünden zu Grabe getragen worden: wie wol in der stille / und von andern guten Freunden / denen Collocer seinen Sieg entdecket.

7. Collocer aber hat kurtze zeit hernach / durch seine Ruhmrähtigkeit / diesen Vierkampf entdecket ist darüber in Verhafft / und als ein Verbrecher Königlicher Gebot / an den Galgen kommen hat also seinen Sieg mit dem zeitlichen und vielleicht ewigen Verderben büssen müssen: ohne mitleiden seiner Feinde /die solchen Schlangenbeschwerer in beliebtet Gefahr /gerne verderben sehen.

8. Viel klüger hat es ein Soldat bey Turino / als ich mich der Orten aufgehalten / angefangen. Er hatte einen andern Soldaten seinen Gegner verwundet / und sihet von ferne den Hertzog daher kommen. Weil er nun nicht entfliehen mochte / hilfft er dein Verwundten auf das Pferd und führet ihn dem Hertzog entgegen / vorgebend / daß er ihn also auf der Wiesen gefunden / und mit ihme zu den Wundartzt eile / daß sie solcher gestalt beede ungestrafft darvon kommen.


Klingreimen oder Sonnet.

[231] 9. Ist der Mann von dem Heyden Volk verflucht /

der zu erst eine neue Kunst gesucht /

und dem Pfeil das Geflieder angemachet

auch dardurch Flügel schnellen Tod ursachet:

Wie vielmehr kommet von deß Satans Zucht

jener Schwarz / der deß Pulvers Mörderfrucht

hat gepflantzt / die deß Bogens Pfeil verlachet /

blitzt und glitzt / rollet wie der Donner krachet.

Diese Kunst ist zu unsren Nutz erfunden /

weilen wir uns zu schützen sind verbunden:

mißgebraucht hat sie vieler Tag gekürtzt.

Aber die / welche Blindlings mit den Waffen

Freund' und Feind' und auch offt sich selbsten straffen /

fragen nicht / wer sie in die Hölle stürtzt?

Quelle:
Georg Philipp Harsdörffer: Der Grosse Schau-Platz jämmerlicher Mord-Geschichte. Hamburg 1656, S. 229-232.
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