(XIV.)

Straf der Unbeständigkeit.

[46] Ein Schiff / welches vielmals von den Wellen geschlagen / und oftmals über Meer gesegelt scheidert endlich an einen Felsen / oder zerdrümmert auf einer Sandbank. Wer viel betrügt / wird endlich[46] betrogen /und wie der Angel nicht fängt / er werde dann gefangen / also ist es auch Hircan / einen Frantzösischen Edelmann wiederfahren / der mit fug ein blindes Bild der Unbeständigkeit hette können genennet werden. Kein Spiegel konte so mancherley Angesichter durch seine Gegenstralen weisen / als dieser Hircan Liebste angestellet / deren wir nur der vornemsten gedenken wollen.

2. Die Asterie war die erste / welcher Joch er seine Freyheit unterwürffig gemacht / weil aber diese Jungfrau Tugend ihm die verhoffte Belohnung nicht ertheilen wolte / als unter dem Sigel deß Ehestands / hat er den Kopf zeitlich zu rücke gezogen / und seinen Weg in Welschland genommen / da er die weissen Marmolsteinerne Felsen gefunden / an welchen er Schiffbrüchig worden.

3. Zu Siena / einer von den reinsten Stätten / die Sprache und die Sitten betreffend / in gantz Welsch land / hielte er sich auf / und kame so bald in Kundschafft mit Porcia einer jungen Wittib / welche das Quecksilber seines flüchtigen Sinns eine zeitlang aufgehalten: und gewiß / wann die Gutthaten die Ketten sind / mit welchen die Hertzen verbunden werden: so ist Hircan mit so vielen kostbaren Beschenckungen /durch diese Italiänerin befesselt worden / daß er ursach gehabt hette / die Zeit seines Lebens nicht von ihr zu lassen. Bey dieser Porcia hält er sich ein gantzes Jahr auf / ohne Unkosten / mit völliger Gewalt über sie / und all jhr Vermögen.

4. Die Welschen haben dieses / daß sie ohne Maß lieben / und hassen / und wann sie zu Vergnügung ihrer Neigung alles was sie haben anwenden / so vermeinen sie doch / sie haben zu wenig oder nichts gethan. Dieser Meinung stürtzte sich Porcia wegen dieses Undankbaren in verderben / und achtet es für die geringste Schuldigkeit ihrer Liebe.

5. Nach verlauff eines Jahrs / wie gesagt / hatte Hircan dieser Wittib genug / und ziehet wieder in Franckreich / seinen Sachen / wie er vorgeben / nach zu stehen / und als dann wieder zu kommen / und sie zu[47] Kirchen und Strassen zu führen. Ob ihn nun Porcia mit vielen bitten aufhielte / hat er sich doch mit vielen verschweren (welches alles in die Lufft geschrieben) loß gewürket / und ihm gar eine kurtze Zeit zu der Wiederkunft genommen.

6. Porcia verehrt ihn stattlich / ristet ihn aus auf die Reise / und thut alles was eine treue Liebhaberin thun könte: Aber aus den Augen / aus dem Sinn: Alles ist bey Hircan vergessen / welches Seneca die schändlichste Undankbarkeit genennet.

7. Hircan kommet nach Hauß und sihet Asterien an / als eine Person welche er die Zeit seines Lebens nie gekannt / fället aber bald bey Zamaris einer andern armen Jungfrauen in die Garn / daß er dem Ansehen nach nicht wieder heraus kommen mochte / als durch das Eheband.

8. Ein alter von Adel / Eucer benamt / sahe diese Jungfrau mit Liebsaugen gleichfals an / welcher so wilkomm nicht / als Hircan: sie wurde aber durch ihren Freund genöhtiget / daß sie den Jungen lassen /und den Alten nehmen müste.

9. Turianne eine betagte reiche Wittib / wolte ihre Tochter Hircan vermählen / welche so vollkommen heßlich / daß Hircan befürchtet / er würde Mißgeburten von ihr zu erwarten haben. Diese Wittib war in dem Früling ihrer Jugend schon gewesen / und hatte in dem Herbst ihrer Jahre noch etwas übrig / daß Hircan benebenst dem Reichthum / sich an stat der Tochter / mit der Mutter trauen liesse.

10. Hircan war kein Mann für eine alte Frau / sondern liesse sich hier und dar mit vielen Jungen ein /darůber Turiana mit solchem Grimm eiferte / daß sie sich von ihm zu Tisch und Bette scheiden liesse.

11. Porcia machte sich nach drey jähriger Geduld /auf und ziehet in Franckreich / trifft Hircan an / und weiset fůr ihre schrifftliche Eheversprechung. Hircan spottet ihrer / und laugnet daß es seine Hand / bringt auch für Gericht zu wegen daß Porcia abgewiesen wurde. Porcia schreiet die Göttliche Gerechtigkeit[48] an /weil ihr die irrdische nicht helffen wolte / und sahe ihren Lust / wie es dem Gottlosen / undankbahren und unbeständigen Hircan vergolten wurde.

12. Zamaris hatte den alten Eucer wieder ihren Willen genommen / wie gesagt / und locket Hircan wider an sich / der sich nun nicht lang bitten lassen /sondern den Mann seiner gebührlichen Arbeit überhebt / und wurde also bey Nachts / in einem Garten bey der Ehebrecherin erwischt / und beede Eucer mit einem Karbiner Rohr durchschossen.

13. Also wurde der unbeständige und undankbare Hircan gestrafft: zu Beglaubung der Wort Syrachs /welcher sagt / daß das Unglück von dem Hause deß undanckbaren nicht weichen werde. Von diesem Hircan hat man zu sagen pflegen / der Wetterhan sey beständiger als er / ob er gleich von dem Wind hin und her gewendet werde / und daß er gewesen ein Weltkind / das mit dem Glücksrad auf und ab fähret /steigt und fällt. Solchen Leuten kan man so wenig ein rechtes Kleid machen / als dem Mondschein.


14. Die den schwachen Krebsen gleichen

und bald vor / bald ruckwarts weichen

kommen selten weit

der die Hand legt an den Pflug /

und der Arbeit hat genug

siht zurück sein Gleid.

Quelle:
Georg Philipp Harsdörffer: Der Grosse Schau-Platz jämmerlicher Mord-Geschichte. Hamburg 1656, S. 46-49.
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