(XXI.)

Die eiferige Fürstin.

[68] Der weise König Salomon vergleichet deß mächtigen Zorn mit dem brüllen deß Löwen /[68] dessen Stimme alle erschrecket so es hören. Noch viel erschrecklicher Wůrkung hat die Eifersucht / welche stärcker ist als der Tod / und brennet gleich der Hölle auf Erden. Amalor ein Teutscher Fürst kan dessen ein glaubwürdiger Zeug seyn / als welcher erfahren / wie weit sich der Eifer eines ergrimmten Weibes erstrecket.

2. Er hatte ihm eine Fürstliche Princessin vermählet / welche wir Georgiam nennen wollen: weil sie aber bejahrt / und eine Dienerin / Villehade genannt /mit nach Hof gebracht / die jünger und schöner / verliebte sich der Fürst in solchen ümmstand / wie jener redet / weil die Mägde ůmb ihre Frauen zustehen pflegen. Also kan ein Körnlein Wermut / ein grosses Gefäß voll Honigs bitter machen / und ein solcher Gedanck eine friedliche Ehe verunruhen.

3. Kurtz zusagen: Der Fürst liebet die Dienerin /und hasset seine Gemählin: welche auch als die Sara /von ihrer Magd Agar / gehönet nicht ruhte biß sie hinaus gestossen wurde: welches auch fast wieder deß Fürsten Willen geschehen müssen.

4. Amelor machte durch einen seiner Hoffschrantzen die Anstellung / daß sie in einem Dorf unterhalten wurde / und sich stellete / als ob sie krank / ja gar gestorben were / massen ein Bild mit einem wachsern Angesicht / das dem ihren sehr gleich / begraben worden / und diese Zeitung wurde der Fürstin mit allen ümständen zu Ohren gebracht / welche sich darüber höchlich erfreuet / weil ihr alles abgegangen / was der andern zu gegangen.

5. Villehade wurde auf ein Jagthauß deß Fürsten gebracht / und alldar wol unterhaltē / von dem Fürsten auch so vielmals besucht / daß er zween Söhne mit ihr gezeuget / und ob so verborgenen Betrug grosses Belieben truge.

6. Georgia wird dieses wieder vorgetragen / wie sich denn zu Hofe allzeit Leut finden / welche durch dergleichen Zeitungen Gnade suchen: Hierüber wird die Fürstin von neuem rasend / und beobachtet die Zeit / als ihr Herr wegen Kriegsgeschäffte[69] ůber Land verreist: nimmet mit ihr einen Henker / und kommt unversehens in das Schloß / findet ihre gewesene Dienerin mit zweyen Söhnen in guter Gesundheit / welche sie längsten für todt gehalten.

7. Der grosse Eifer lehrte diese Fürstin eine neue Art deß Todes ersinnen / erstlich lässet sie die zwey unschuldige Kinder für der Mutter Augen erdrosseln: hernach lässt sie ihre Hände und Füsse binden in einen Sarg / und neben sie ihre Kinder legen / und also lebendig samt den Todten begraben.

8. Uber dieser grausamen That hat der Fürst ein solches abscheu getragen / daß sich seine Gemählin die Zeit ihres Lebens nicht mehr für ihm dörffen sehen lassen / und sie bedraut / er wolle sie zu dergleichen Tod als sie seiner Liebsten angethan / übergeben / deßwegen sie zu ihrer Freundschafft fliehen můssen / und nicht mehr nach Hofe kommen mögen.

9. Nichts ist rasender / als ein mit Eifer durchgalltes Hertz / daher sagt Speron Speroni, daß der Eifer gleich sey einem Essig der von starken Wein gemachet worden: je stärker die Liebe / je stärker ist der Eifer. Wie die Kranckheit eine Anzeigung deß Lebens / so ist der Eifer ein anzeigen der Liebe / entweder er hilfft nicht / oder er ist unvonnöhten.


10. Räthel.


Ich bin ein bunter Haan /

Voll Augen und voll Ohren /

Sitz auf der Dörner Sporen

Und wache wo ich kan:


Das ist die Eifersucht. Der Haan eifert sehr ümb die Hennen / durch die Augen und Ohren wird die Sorgfalt / durch die Dörner die Betrübnis verstanden.

Quelle:
Georg Philipp Harsdörffer: Der Grosse Schau-Platz jämmerlicher Mord-Geschichte. Hamburg 1656, S. 68-70.
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