(CXVIII.)

Der ergrimmte Eifer.

[412] Nach der Welt Urtheil scheinen die grossen Sünden in grossen Leuten klein / und die kleinen »Sünden / in kleinen und schlechten Personen groß / da doch für Gott kein Ansehen der Personen / und wer böses thut bleibt nicht für ihm.« Grosse Leute sagt David / fehlen auch / und sind so wol Menschen als andre: ja die Mächtigen werden auch mächtig bestraffet / wie nachgehends hiervon eine Erzehlung zu vernehmen seyn wird.

2. In dem Königreich Andalusia / lebte vor kurtzer Zeit ein Edler / Namens Minucio / welcher sich nicht vergnůgen liesse mit seiner Gemahlin / sondern wurff seine Augen voll Ehbruchs auf seines Unterthanen Jordans Weib / Lipsa genamt. Anfangs wolte diese ihrem Herrn kein Gehör geben / zierte sich aber mehr ihm / als ihrem Manne zugefallen / daß sie die Waar teurer zu verkauffen gehoffet / und weigerte[412] sich deß Anmutens mit dem Jawort in Geberden / nicht in den Hertzen.

3. Jordan wusste wol daß ein ströhener Herr einen eisernen Unterthanen frisst / und wolte sich mit dem Abschied hinter der Thůr retten. Lipsa war ein Weib /das ist / wankelmütig und unbeständigen Sinnes / beklagte sich bey ihrem Herrn / daß sie ihr Mann verlassen. Ob er sie getröstet / ist unschwer zu ermessen /und hatte sie seiner / wegen dieses Wechsels leichtlich vergessen.

4. Wie nun ein übel aus dem andern entstehet / und selten ein Laster allein zu finden: also war auch diese Lipsa nicht vergnüget / daß sie ihrem Mann Hörner aufgesetzet / und das Elend bauen machen / sondern sie gabe den Anschlag / man solte ihn / als einen Dieb beklagen / und also ům das Leben bringen / oder in der Gefängnis enthalten / daß ihr Handel mit dem Edelmann nicht offenbar werden möchte. Der Ehebrecher macht die Anstellung / daß der unschuldige Jordan in Verhafft gebracht / und für Gericht gestellet wurde.

5. Die Ankläger konten nichts erweisen / und ob man ihm zwar fleissig nachfragte / und sich seiner Feinde zu Zeugen gebrauchten: sagten sie doch alle /daß er nie nichts entwendet / und von Jugend auf einfältig gewesen / aber ein sehr loses Weib habe / der niemand mit Grund gutes nachsagen könne etc. Inzwischen hat Minucio bey der Lipsa seine Brunst außgelöschet / und wurde von ihme völlig erlassen.

6. Jordan war so bald nicht aus den Fesseln entkommen / so hatte er verstanden / daß sein Weib unterdessen sich rauben lassen / wie Helena von dem Paris / und daß sie vermutlich die Ursacherin seiner Gefängschafft. Diesen Wahn besterckte ihr Stoltz / in dem sie ihn verachtet / und Adeliche Gesellschafft suchte / daß sie deßwegen bey der gantzen Nachbarschafft ein böses Geschrey hatte.

7. Man sagt / daß wann der Löw deß Leoparts Spur bey seiner Hölen finde / daß er seine Löwin zerreisse / und dem Leopard nachstelle. Dieses[413] thäte auch Jordan / auf verreitzen seiner Befreunden. Zu Nachts erwürgte er sein Weib / mit anbrechendem Tage verwartet er den Edelmann / un fället ihn mit den Birschrohr wie ein Stück Wild. Hierüber wird er gefangen / und durch den Henker hingerichtet. Seinen Tod hat er mit grosser Standhafftigkeit erduldet / und sich getröstet / daß er sich gleichwol an seinem untreuen Weib und Ehebrecherischen Herrn gerächet /und seinem ergrimmten Eifer genug gethan.

8. Eifer ist ein brennend Feuer /

dessen überheisse Glut

lescht deß Ungetreuen Blut /

und bringt manches Abenteuer.

Diese Flamm' hat keinen Schein /

wo die Lieb ist keusch und rein.

Quelle:
Georg Philipp Harsdörffer: Der Grosse Schau-Platz jämmerlicher Mord-Geschichte. Hamburg 1656, S. 412-414.
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