(CLXXIV.)

Der Zauber Lohn.

[622] Wer dem Teuffel glaubt / der glaubet einem falschen Spiegel. Man hat Mittel gefunden sich durch die Spiegel aus dem Gefängnis frey zu machen: aber die Mittel sich aus deß Teuffels Fesselbanden zu winden /sind fast selten. Sonderlich aber hat er die jenigen mit den Höllenbanden bestricket / welche sich ihm ergeben / bundbrüchig und tauffvergessen ihm vertrauen /und mehr an Gottes Feind / als an ihn glauben. Schauet doch in hier aufgesteltem Spiegel / wie er seinen lieben oder vielmehr unholden getreuen erbärmlich lohnet.

2. Hulin Petit / ein Holtzhändler zu Orleans / war von bösen Leuten verzaubert / daß er tödliche Schmertzen empfande: Dieser beschickte einen alten Schwartzkünstler und begehrte seiner Hülffe. Der Zauberer sagte / daß er nicht bey Leben könne erhalten werden / wann er nicht geschehen lasse / daß sein Sohn / welcher noch an den Brüsten saugete / an seine Stelle erkranckte. Der verfluchte Vater verwilligte in seines ůnschüldigen Kindes Tod. Die Amme welche dieses anhörte / träget das Kindlein / welches[622] sie sehr liebte / so bald hinweg / daß es dieser teufflische Artzt nicht beobachtet.

3. Als nun dieser Zauberer den Vater angerühret /wurde er augenblicklich gesund / und als er das Kind nicht mehr sahe / (selbes auch anzurühren) hat er angefangen zu schreyen: Ach / ich bin deß Todes! wo ist das Kind? wo ist das Kind? Er hatte auch den Fuß nicht für die Thürschwelle gesetzet / so ist er starr todt zur Erden gefallen und gantz erschwartzet / wie ein Mohr / daß er sehr abscheulich ausgesehen / und sonders zweifel von dem Höllen Mohren also zugerichtet worden.

4. Zu Nantes hatte eine Hexe ihre Nachbarin bezaubert; als sie nun von der Obrigkeit / wegen starcken Verdacht / gezwungen worden / daß sie die Kranke anrühren müssen / ist sie alsobald genesen. Die Zauberin aber todt darnieder gefallen.

5. Zu Thoulouse hat ein Student das viertägige Fieber / das wolte ihm einer abhelffen / und sagte / er solte diese Krankheit seinem Feinde schencken. Der Student sagte / daß er keinen Feind hette: wol sagt der Artzt / schencket es dem Diener: das wolte er auch nicht thun / weil er ihme treulich gedienet. So schenkt mir das Fieber sagt der Zauberer. Darein willigte der Student. Das Fieber verliesse den Studenten / und der Zauberer bekam es also bald / ist auch daran gestorben. Diese drey Erzehlungen sind aus dem 3. Buch Bodini c. 2. genommen.

6. Hie fragt sichs: Ob ein Richter einen Zauberer nöhten sol / daß er den bezauberten anrühret? Für das Jawort streitet; 1. daß der Richter schuldig ist / dem übel zu steuren / und den unrechter weiß geplagten zu helffen. 2. Daß solche angezauberte Krankheiten durch natürliche Mittel nicht mögen geheilet werden. 3. Daß der Zauberer dardurch geoffenbaret / und sich selbsten straffet / wie aus erstbesagten Geschichten zu ersehen.

7. Die Ursachen aber für das Neinwort scheinen viel stärker. 1. Kommet von Gott Krankheit[623] und Gesundheit / und nicht von dem Satan und seinen Werkzeugen. 2. Sol man nicht böses thun / daß gutes daraus erfolge. 3. Raumet man den bösen Leuten zu viel ein / in dem man ihnen Glauben zu stellet / und ist besser in dergleichen Zustand ein brünstiges und allgemeines Gebet / durch welches man Gott in die Ruten fället / und dieser seiner Nachrichter Schwert gleichsam zurücke halten kan.

8. Ein Zauberer zu Noyon sagte den Tag / an welchem er würde ümgebracht werden: als ihn nun der Bischoff zu verwahren vermeinte / begehret ein Frembder mit dem Bischoff zu reden: so bald er ihn in das Zimmer gelassen / hat er den Zauberer mit einem Dolchen durchstochen. Also kan keiner / der sich zu Gottes Feinden geschlagen / dem gerechten Gericht Gottes entfliehen.

9. Dergleichen hat sich auch jüngsthin zu Wolffenbüttel zugetragen / daß ein Kühehirt die Leute mit übernatürlichen Kunstmitteln geheilet / und sich einst bey einer Gasterey eingestelt / deren Wirtin eines Leutenamts Weib zu Nachts mit ümgetreten Hals in dem Bette gefunden worden. Dieser zauberte ein Pferd /und bedingte 30. Rthal. solches wieder zu heilen: Der Reuter verspricht 15. Rthal. alsobald / und die andre helfft / wann der Gaul zu recht gebracht: als solches erfolgt / wil er die hinterstellige 15. Thaler nicht bezahlen / und darůber kommen sie für die Obrigkeit. In dem nun diese Sache rechthängig schwebet / vergleichet sich der Zauberer mit dem Kläger / und lässet das bedingte Geld zu rücke.

10. Dieses machte den ruchlosen Gesellen noch verdächtiger / daß er darüber in Verhafft kommet /nachgehends auch auf Nachfrage seines Lebens und Wandels an die peinliche Frage geworffen würde. Er wolte und konte nichts bekennen: man sahe / daß ihm die Zunge in dem Mund aufgelauffen / und daß sein Schlund und Hals verschwollen. Alles zusprechen war vergebens / und alles Ermahnen ümsonst.[624] Endlich fängt er an zu schlaffen / und sahe man wol / daß er ohne alle Empfindligkeit. Solches begabe sich / so vielmal man ihn mit Schwefel brennen / oder sonsten martern wolte.

11. Als nun nichts mit ihme außzurichten / und der Teuffel ihm vermutlich zugesaget / er wolte ihm die Schmertzen und Mittel zu bekennen benehmen / hat man ihn wieder in Verhafft führen lassen / bald hernach aber hat man ihn schreyen hören / und als man zugesehen / hat ihm der Satan den Kopff herum gedreht gehabt / wie einer Tauben / und ihm also gelohnet / wie er verdienet.

12. Zu Erfüllung dieser Erzehlungen von der Zaubrer Ablohnung wollen wir anfügen / den Lohn eines frevlen Fluchers. Zu Rochelle war ein Bürgersmann vor wenig Jahren / der pflegte / was man ihm nicht glauben wollen zu beteuren: daß wann es nicht also /solte ihn der Teuffel schneutzen. Was geschihet? als er auff eine Zeit also falsch geschworen / und zu Bette lieget / kame ein kleines schwartzes Männlein hinein /scherte das Feuer an / legte die Zangen hinein / und machte sie klüen. Darauf gehet er mit der Feuerzängen für das Bett / zwicket seine Nasen ein / zieht ihn heraus / und führte ihn üm den Tisch / welcher mitten in dem Zimmer stande. Nach solchem lässet er ihn wieder loß / und sagt: nun hat dich der Teuffel geschneutzt. Weil dieser Mann gelebt / hat er das Brandmahl an seiner Nasen getragen / und ist dieser Verlauff zu Rochelle stattkündig.


Wer deß Höchsten Feinde trauet /

endlich viel zu spat beschauet /

daß er für verdienten Lohn /

bringt der Hellen Quaal darvon.

Ewig / ewig wäret lange /

machet ewig ewig bange /

lasst uns Gottes Diener seyn /

sonder eitel falschen Schein.

Quelle:
Georg Philipp Harsdörffer: Der Grosse Schau-Platz jämmerlicher Mord-Geschichte. Hamburg 1656, S. 622-625.
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