Vierte Szene

[214] VON GROBITZSCH indem er die Karten auf den Tisch schlägt. Ha! Skandal. Machen die Kerle ein Aufhebens von diesem ... ä ... Sohn seiner Großmutter.

VON MARSCHALL. Sie wissen doch ... im Himmel ist mehr Freude über einen Sünder, der Reue empfindet, denn ... Aber lassen Sie doch die alte Frau Generalin zufrieden, was hat denn die damit zu tun?

VON GROBITZSCH. Die!? Na! Sie sind wohl schlecht informiert? Die hat doch damals den ganzen Krempel aufgerührt. Jawohl! Nur die. Aus einer lächerlichen kleinen Mädelgeschichte hat sie 'ne große Sache gemacht. Ja, ja! – Wissen Sie denn nicht, daß sie dazumal an ihren alten Freund, den Obersten, einen herzzerreißenden Brief geschrieben hat?

VON MARSCHALL. Ach, das munkelt man so.

VON GROBITZSCH. Nein, nein: das ist so! Die Rambergs müssen es doch wissen.


Er lacht.


GLAHN. Meine Meinung ist: Regiments-Kameraden sollten überhaupt niemals eine gemeinschaftliche Großmutter haben.

VON GROBITZSCH. Sehr richtig! Ne, ne, lieber Marschall, daran ist nu nicht zu tippen! Mit dem Brief fing die Sache an. Ha! Einfach lächerlich! Dieser geknickte Troubadour und Orgelspieler – der sich bei so 'ner Lappalie gleich ein Nervenfieber holt, – – soll er sich bei seiner Großmutter bedanken! Die hat es ihm eingebrockt![214]

VON MARSCHALL. Na Grobitzsch, nu sein Sie man friedlich. –: so ganz unschuldig sind Sie doch nu auch nicht.

VON GROBITZSCH heftig. Ich?! – Bitte! – Wieso?

VON MARSCHALL sichtlich geniert. Nun ja ... ich meine ... das Mädel, wie Sie sagen, diese Traute, war doch nun mal – sein Mädel.

VON GROBITZSCH. Weiß ich. – Hm? Und? Bitte, was?

VON MARSCHALL. Nun, mein Gott: so ernsthaft, wie er die Sache doch nun mal nahm... Und sie war doch auch sonst eine ganz solide Person. Ich für mein Teil hätte da ... Na, aber streiten wir uns nicht darüber ...

VON GROBITZSCH. Nein, nein, bitte sehr, lieber Marschall ... darauf lege ich Wert! Ich wüßte nichts, was man mir zum Vorwurf machen könnte? Nichts!

VON MARSCHALL. Aber wer redet denn von Vorwürfen?

VON GROBITZSCH gereizt. Sie!

VON MARSCHALL höflich kühl. Na, dann revozier ich und deprezier ich – wollte wirklich gar nichts gesagt haben.

VON GROBITZSCH. Das möcht ich mir, weiß Gott, auch ausgebeten haben!


Pause.


GLAHN. Überhaupt, lieber Marschall – wegen so'n Mädel ... Und wenn sie noch so stolz tut ...

VON MARSCHALL. Ja, gewiß, gewiß – lohnt sich ja gar nicht. –

GLAHN. Übrigens, meine Herrn: da habe ich jetzt einen feudalen kleinen Käfer entdeckt – ich kann Ihnen sagen: schick – total anspruchslos – und ohne jeden Gemütsballast – rein sachlich. Ideal!

VON MARSCHALL. Hm. Ja ... Aber, meine Herrn, ich möchte doch den Vorschlag zur Güte machen, daß wir unsern Lachs da drin ... im Spielzimmer zu Ende spielen.[215]

VON GROBITZSCH. Weshalb?

VON MARSCHALL. Na, ich meine, lieber Grobitzsch, sehn Sie mal ... sein Sie doch nett. Es ist doch nicht grade nötig, daß der gute Rudorff ...

VON GROBITZSCH. Hm?

VON MARSCHALL. Lassen Sie ihn doch sein erstes Wiedersehn ... ungetrübt... im Kreise seiner Getreuen feiern.

VON GROBITZSCH. Seine Getreuen ... ho! Die Rambergs seine Getreuen?

VON MARSCHALL. Also seine Vettern! – Kommen Sie!

VON GROBITZSCH. Fällt mir gar nicht ein. Wie kam ich denn dazu?! Meinetwegen kann er hier seine silberne Hochzeit feiern. – Wer gibt?

GLAHN. Ich. –

VON MARSCHALL sieht Hans und die andern eintreten. Schnell. Aber dann bitte: Schluß der Debatte.


Quelle:
Otto Erich Hartleben: Ausgewählte Werke in drei Bänden. Band 3, Berlin 1913, S. 214-216.
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