Vierte Szene

[290] Sechs Masken in schwarzen Dominos und mit schwarzen Larven sind fast lautlos eingeschlichen, die eine bleibt an der Tür stehen, die anderen schleichen in einem Art Tanzschritt ins Zimmer.


TRAUTE bemerkt sie zuerst. Mit einem Aufschrei. Was ist das?

HANS steht auf und tritt den Masken entgegen. Nanu? Was wird denn das?

DIE MASKEN umringen ihn schweigend, einige winken Traute, die aber hinter dem Tisch bleibt.[290]

HANS. Nu macht's kurz – was wollt ihr?

DIE MASKEN. Pst! –


Auf das Zeichen des Einen singen sie im tiefen Baß mit gleichen Bewegungen nach der Melodie des Gassenhauers, den vorhin Moritz und Benno gepfiffen haben.


Es war ein Leutenant, der nahm ein junges Weib,

doch hat er eine Liebste noch für 'n Unterleib.

Der Leutenant, der wollt' zur Kirche gehn,

das wollt' die alte Leibste ihm nicht zugestehn,

der Leutenant, der wollt' zur Kirche gehn,

das wollt' die alte Liebste ihm nicht zugestehn.


HANS. Haltet eure ungewaschnen Schnauzen!

DIE MASKEN brechen in ein tolles Gelächter und allgemeines Hallo aus. Alles wirft nach ihm mit Papierschlangen und Konfetti.

HANS. Macht, daß ihr herauskommt! Hier gehört ihr nicht her ... Es hat euch keiner gerufen.


Erneutes Gelächter.


TRAUTE hat sich aufs Sofa gesetzt und den Kopf in den Händen verborgen. Sie bleibt in dieser Stellung, bis Hans sie anspricht.[291]

HANS. Auf die Straße mit euch! Vorwärts! Diese Nacht im Römischen Kaiser – da will ich euch Rede stehn. Und wenn ihr meine sauberen Vettern seht – die tüchtigen Herren von Ramberg – so sagt ihnen, daß sie sich hüten sollen und mir nicht unter die Augen treten! Ja, sagt ihnen, daß sie den Schatten meiner Hände meiden sollen – die Helden. – Er lacht laut. Und nun hinaus mit euch – Gespenster – Spuk!

DIE MASKEN haben die vorigen Worte von Hans anfänglich ruhig angehört. Einige drängen wieder ins Zimmer, aber die meisten halten sich zurück und drängen dem Ausgange zu. Sie pfeifen die Melodie des Gassenhauers und gehen bis auf die eine, die an der Tür stehen geblieben ist, ab.

HANS. Na und du? – was willst du hier noch? Vorwärts! Trolle dich nur auch!

HAROLD maskiert, flüsternd. Hans –

HANS fährt zusammen, ebenfalls leise. Harold. Was ...

HAROLD. Hans, du mußt weg ... du mußt fort ... noch vor morgen ... das weißt du doch, Hans?

HANS auf Traute blickend. Pst –

HAROLD. Nimm die Traute und geh in die weite Welt. – Da! Hier. – Er will ihm eine Brieftasche geben. Nimm das! – Du weißt: ich brauch's nicht. – Nimm es, Hans!

HANS grinsend. Eine Brieftasche? – Wie ein Leutnant aus Tausend und einer Nacht. Auf einen Blick Harolds ernst. Verzeih ...


Er schüttelt den Kopf.


HAROLD. Hans!

HANS. Ich danke dir, Harold, aber ... Fahnenflucht ... nein.

HAROLD geht stumm ab.


Quelle:
Otto Erich Hartleben: Ausgewählte Werke in drei Bänden. Band 3, Berlin 1913, S. 290-292.
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