[Dich zu erschlagen, bricht der Föhn die Stämme]

[86] Dich zu erschlagen, bricht der Föhn die Stämme,

dich zu begraben, rollen die Lawinen.

Die Flammen zischeln von Verschwörung nur,

von Meuchelmorde raunen alle Wasser.

Dich lockt der Baum mit giftgetränkter Frucht,

und unter seinem Laube zischt die Schlange.

Die Sonne zielt nach deinem armen Hirn,

es greift der Mond nach dir mit Geisterhänden.

Der Bruder sinnt auf deinen Tod. Die Mutter

hat dich verflucht als Frucht im schwangren Leibe ...


Verhülle dich! Verkrieche dich in Schluchten!

Schlag deine Stirne wider Fels und Stein!

Was trotzest du? Was widerstrebst du noch?

Sei klüger, als der Wurm, den du zertrittst

und der sich unter deinem Fusse krümmt:

wirf dieses Leben von dir! Alle Qual

verstummt, und jede Wuth der Welt verraucht ...

Du hast gesiegt – und jene sind betrogen!

Quelle:
Otto Erich Hartleben: Meine Verse. Berlin 1905, S. 86-87.
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