2

[21] Wohin du horchst, vernimmst du den Hilferuf

der Noth. Wohin du blickest, erschrecken dich

gerungne Hände, bleiche Lippen,

die nach des Todes Erlösung schmachten.


Wohin du hilfreich schreitest, versinkt dein Fuss

im Koth der Lügen. Jeglichem Elend noch

umwebten sie den Schein der Ordnung,

jeglicher Schande des Alters Würde.


In diesem dunkelfluthenden Wogenschwall

wo ist der Grund, der unsere Anker hält?

Wann naht der Gott, im Sturme fahrend,

der die verpesteten Lüfte reinigt?


Wo blitzt ein Lichtstrahl kommenden Morgenroths

an diesem nachtbelasteten Horizont?

Wo sieht der Jugend Thatensehnsucht

flattern die Wimpel des fernen Zieles?

Quelle:
Otto Erich Hartleben: Meine Verse. Berlin 1905, S. 21-22.
Lizenz:
Kategorien: