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[101] ... O wüsstest du, wie hold mit Übermacht

das Zucken jeder Fiber dich durchwühlt,

wenn meine Lippen sprachlos Wonne flüstern

in deinen Leib ... O wüsstest du, wie wild

im Taumel deine Glieder beben lernen,

als wollten sie dem Leben sich entwinden

und ewig glühn in Wollustfieberflammen ...

O wüsstest dus! – Es ist ein Wunder, ja!

Und wer da zweifelt, wird es nimmer finden,

doch glaube nur, ach, lehne dich zurück,

gieb über deine Glieder mir Gewalt –

und wie dem Trüben, dem die Sonne langsam

aufschliesst das Herz, bis sie ihn warm durchströmt,

so wird auch dir ein unaussprechlich Glück,

berauschend ein Geheimnis sich enthüllen.

Quelle:
Otto Erich Hartleben: Meine Verse. Berlin 1905, S. 101-102.
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