Die IV. Abhandlung.

[51] Der Schau-Platz verändert sich in der Gefangenen Königin Zimmer.


Maria und die Englischen Herren den letzten Todes-Befehl Ihr anzeigende.


DER I. VON DEN ENGLISCHEN HERREN.

Ach dem man ein Geboth von Hof uns zugestellt /

Princeß! so ihren Todt und Sterben in sich hält:

Als hat uns erst gebührt / Ihr solches anzudeuten /

Daß sie auff Morgen sich kan zu dem Tod' bereiten.

MARIA.

Daß meine Schwester mich50 dem Tode zugedacht /

Hätt' ich zwar nicht vermeint / nachdem ich Ihrer Macht

Nicht unterworfen bin; doch weil es Ihr Verlangen /

So wil ich mit dem Tod' so lieb als Leben prangen.

Der Mensch / der nicht den Schlag deß Beils ertragen kan /

Ist nicht der Freude werth / die uns wird angethan.

Wann wir nach dieser Zeit das Vaterland ererben.

Ich bitt / man laß mich nur nicht sonder Beystand sterben

Deß Priesters / den ich bat / und gebe gleichfalls frey /

Daß mein Melvin auch noch bey meinem Tode sey.

DER II.

Daß Sie nicht / ob man Ihr zuwieder / darff vermeinen /

So soll Melvin bey Ihr vor Ihrem Tod' erscheinen /

Und an deß Priesters statt / den Sie zur Beicht' erkohr /

Schlägt man den Thum-Dechant von Petersburg Ihr vor.

MARIA.

Ich wünsche keinen mehr / als einen Artzt zuhaben /

Der mich nicht kan als mit so schwacher Stärckung laben.

GRAFF VON KENT.

In Ihrem Leben / und / Princeß! in Ihrem Tod'

Steht unsers Glaubens Heyl / und unsers Glaubens Noth.[52]

MARIA.

Es stehe wie es wil / ich hab ein gut Gewissen.

DER III.

Und gleichwohl jammert Sie Babingthons Blutvergiessen.

MARIA.

Es war mir dieser Mensch und Anschlag nicht bewust.

DER IV.

Es sey; Doch hat man nach der Zeit noch mehr gefust /

Auff das was Navus uns und Curlus angezeiget.

MARIA.

Seind sie die ersten wohl / die man mit Gold' gebeuget?

Man bring' nur / was gerührt / mir ihre Schrifften für.

DER V.

Princeß! wir sind nicht ümb mit Ihr zurechten hier;

Es ist schon ziemlich spät. Sie weiß zu was vor Sorgen

Der nahe Tag Sie rufft. Wir wünschen Ihr auff Morgen

Deß Höchsten Hülff' und Trost. Indessen gute Nacht!

MARIA.

Habt danck! wir nehmen schon bestimmte Zeit in acht.


Maria, Burgon, das gantze Frauen-Zimmer.


MARIA.

Wir / Lieben! sind nun frey: der Höchste reist die Bande

Des langen Kerckers auff / und führt uns aus dem Lande /

Da Todt und Marter herrscht / in das gewünschte Reich

Der ewig-steten Ruh'. Wir lassen diese Leich' /

Die sich an jenem Tag' wird mit dem Geist verneuen.

Was klagt / was weint ihr dann? Ihr solt euch mehr erfreuen /

Daß eure Frau erlöst von Sorgen / Angst / Gefahr /

Mit welchen sie allstets hier gantz umbgeben war.

Doch dieses sind es meist der Hoheit schöne Früchte.

So bald ein Printz betrübt / so sieht Er kein Gesichte /

Das durch den frohen Blick Ihm etwa tröstlich sey.

Dann wie in Freud' und Lust durch tausend Schmeicheley[53]

Erdichter Fröligkeit und angenommen lachen /

Man pfleget selbigen noch fröliger zumachen /

So leidt zur Zeit der Noth ein Fürst durch gleichen schein /

Und nur gestellte Angst mehr als zweyfache Pein.

Es ist ja jetzt nicht Zeit zuklagen und zuweinen /

Da unsrer tapffrer Todt soll vor der Welt erscheinen:

Der Todt / durch den man uns entweder trefflich schätzt'

Der Todt / vor dem man sich entweder mehr entsetzt.

Es wird die Nachwelt noch von unsern Schmertzen sagen /

Und mit mehr Sicherheit mein reines Blut beklagen /

Die sonst ja niemand nicht deß Nachruhms je beraubt /

Als etwa wie dem kaum zuseufftzen ist erlaubt.

Der heilgen Engelschaar sieht selbst mit frohen Hertzen

Den Zustand unsrer Pein und unsrer grossen Schmertzen /

So dem durchrechnen Hertz und auffgewallten Blut

Ein köstlich Räuchwerck sind zerrieben auff der Glut.

Die werden dermaleins dem Richter offenbahren /

Ob man mit unserm Tod' recht oder nicht verfahren /

Und ob wir bessern nicht verdient als solchen Glimpff /

Die Marter ist ja nicht / da Laster nur ein Schimpff /

So wenig als die Pein / wenn nicht gerechte Sachen /

Kan einen / der sie leid't / zu einem Märtrer machen.

Und wie? was red ich viel? der Höchste selbsten sieht /

Ob uns entweder recht / entweder nicht geschieht /

Er / ohn' dem niemand Uns nicht kann ein' Haar betrüben /

Pflegt unsere Gedult und Langmuth so zuüben.

Daß Er unsr' Hoffnung prüft / und unsern Glauben schreckt /

So unterweilen schläfft / und unsre Andacht weckt /

Er läst uns in die Macht der schnöden Welt gerathen /

Daß man durch Weiber Stärck erkenn' auch seine Thaten.

Das wird ein schlechter Kampff und Glaub u Sieg geschätzt /

Dem Zweiffel / Streit und Feind nicht tapffer zugesetzt.

Was fürchten wir uns viel / von wegen solcher Sachen /

Zu leiden Noth und Tod / die uns kan heilig machen?

Was fürchten wir uns viel vor dessen Angesicht

Zu leiden / der uns all's zu lauter Heyl gericht?

Was fürchten wir uns viel / da wir doch sattsam wissen /

Daß uns der Höchste wird das herbe leid versüssen?[54]

Das uns / so bald uns nur der Todt hat weggerafft

Das Leyden dieser Zeit / die Ewigkeiten schafft:

Daß wir nicht ewiglich in dieser Folter bleiben:

Daß man uns endlich wird ins Buch deß Lebens schreiben:

Und daß der Außgang Uns und unsre Schmertzen kröhnt /

Und unsre Marter hier auff dieser Welt verhöhnt.

JUNGFRAU.

Kan Britten immer mehr denn solches Mord-Spiel schauen?

MARIA.

Es kan deß Glaubens Grund durchaus nicht anders bauen.

JUNGFRAU.

Hilfft dann kein bitten nicht / kein Vorschlag / kein Vertrag?

MARIA.

Man braucht viel / wo mans verricht mit einem Schlag.

JUNGFRAU.

Sind das / wie wir gehofft / die auffgelösten Banden?

MARIA.

Warumb? Man führt uns ja aus diesen Würge-Landen

Ins ewig-stete Reich.

JUNGFRAU.

Ist das der Britten Thron /

Den jene Faust versprach?

MARIA.

Mißgönnt Uns nicht die Cron /

Mit der uns Jesus krönt. Man spricht / ich solle sterben /51

Darumb: Weil ich gesucht der Königin Verderben /

Doch sagt der Graff von Kent / daß ihres Glaubens Noth /

So fern ich leben blieb / erheische meinen Tod.

So ist dann nicht / daß ich der Königin nachstelle /

Wie man zwar fälschlich ticht' / nur ihre Furcht die Qvelle /

Als dar mein Todt herrinnt / in dem daß Untreu schein

Deß Glaubens jeder sieht / was Ihm mag nützlich seyn.

BURGON.

Princesse. Sie verzeih / und laß es Gott außführen.

MARIA.

Wir haben längst verziehn / dieweil wir nichts verliehren /[55]

Als diese Hand voll Blut / die uns die Ewigkeit

Doch doppelt wiedergibt. Ade! Die enge Zeit /

Die uns gesetzt / verlaufft; Der Abend unsers Lebens

Und dieses Tags bricht an / wir halten euch vergebens

Mit leeren Worten auff! Nehmt dieses letzte Pfand /52

Was uns noch übrig von Reichthumb Ehr und Stand.

Johanna! nimm den Ring; Maria! die Rubinen /

Die offt auff Unserm Haar als rother Blitz geschienen;

Ihr / Burgon! dieses Gold / der Demant soll Melvin;

Die Kette jenem Freund; Ihr! nehmt die Perlen hin.

Hier dieses Bildnüß soll der Schotten Abgesandten.

Theilt dieses unter euch / und unter die Bekandten /

Wie dieß Papier euch zeigt / und nehmt / nehmt alles an /53

Nicht was ich schencken wil / nur was ich schencken kan.

JUNGFRAU.

Soll Ihre Majestät so kläglich von uns scheiden!

DIE II. JUNGFRAU.

Ach daß wir doch den Tod nur mit Ihr solten leiden!

DIE III.

Ach daß man uns von Ihr in solchen Nöthen trennt!

MARIA.

Weil man nicht euch nur Uns vor Todes schuldig kennt.

DIE IV.

Ach! Ach! wo werden wir nach Ihrem Tode bleiben

MARIA.

Der Höchste bleibt bey euch. Doch langt mir Zeug zuschreiben.


Sie schreibt.


War Franckreichs Haupt mit uns so / wie es zwar noch scheint /

Und Guise, wie es Ihm aus Freundschafft ziehmt / gut meint /

Wird Er / was wir vor euch in diesem Brieff begehren /

Und was ihr sucht / und Ich vor euch verlang' / gewehren.

Noch eins: Hier diese Brieff schickt meinem Priester zu /

Daß er zu Gott vor mich sein täglichs bitten thu.

Nun / Erde! gute Nacht! ich steig auß deiner Höle.

Mein Got! Ich opffre dir die schon gantz müde Seele.

Ich übersteige Schmertz und Angst / und Haß und Neyd /

Und schau von deiner Burg die schnöde Eitelkeit[56]

Der mir verhaßten Welt. Mein Heyland ich erscheine /

Ich komm bey diesen an / die ihre Kleider reine

In deinem Blut gefärbt. Was mich zuvor verletzt /

Was mich zuvor geschmertzt / ists / was mich jetzt ergetzt.


Der Geist Thomas Howarts Hertzogs von Norfolk.


Schreit dann das freche Land das Kreydigte Gebirge.

Noch allzeit / wie gewohnt / sein grausam Echo: Würge!

Das Land / so man mit nichts als lauter Blut begeust /

So nur von Fürsten quillt / und Königs Leichen fleust?

So ists. Mein Blut bezeugt diß unersätte dürsten

Und meines Vaters Tod54 und tausend andrer Fürsten /

Die vor mir / so das Beyl / wie mich / hat abgehaut /

Und nach mir diese Welt bald sonder Köpffen schaut.

Doch ich zwar hab den Tod in etwas wohl verdienet /

Weil ich / was Brittens Ruh' / höchst schädlich / mich erkühnet /

Erkühnt / durch andre doch zu solchem Werck verführt /55

Die eben dies / was ich / und noch wohl mehr verbührt.

Wer sich durch falsche Wort' und Freunde läst verleiten /

Fällt / leyder / so wie Ich / und muß gezwungen gleiten /

In dem der nasse Grund / worauf er steifft und steht /

Den grünes Gras bald deckt / bald mit Ihm untergeht:

In dem das glatte Eys / worauff er die Gedancken

Und seine Hoffnung setzt / bald brechen kan / bald wancken /

Voraus wenn ihm der Schein deß güldnen Scepters blendt /

Daß Er / was lincks und rechts / ja offt sich selbst nicht kennt.

Ich rang nach meinem Tod' / der mich auch hat betroffen:

Ich suchete mein Glück / da wo das Grab zuhoffen /

Und ließ nicht eher nach (so fest steht ein Mann /

Den gantz kein warnen nicht zurücke ruffen kan /

Den einmahl schon der Wahn und Vorsatz eingenommen)

Biß das ich war umb Ehr / umb Gut und Leben kommen.

Doch dieses gieng'noch hin. Ach! aber ach! das Bild /

Die Frau / die jeder Knecht und leichter Bube schilt /

Die abgekränckte Frau / die Sie jetzund verdammen /

Fiel damahls schon durch mich / durch die verbotne Flammen /[57]

Durch die in uns durch List und Trug erweckte Gluth /

Von der mein Tod herstammt und ihr bald fliessend Blut.

Verzeih' mirs / Königin! daß ich dich so betrübe /

Ich ursach deinen Tod / doch mehr die solche Liebe

Mir erstlich in und nachmahls umb den Kopff gebracht /

Und dein gekröhntes Haupt selbst wacklende gemacht.

Verfluchter Tag! als ich ein Mann von Hohen Adel /

Der seinen Lauff geführt bißhieher sonder Tadel /

Verrathen und verkaufft56 / dem Vater folgte nach;

Doch ist der nahe Fall von noch viel herber Schmach.

Ich fiel / umb / weil ich mich an Englands Haupt verbrochen /

Ich fiel / umb / weil ich nicht die Königin gerochen /57

Ich fiel / als einer der Gebothen wiederstrebt /58

Und kurtz / als Unterthan / der nicht gehorsam lebt;

Hier aber / bey dem Fall der Königlichen Frauen /

Hier / sag ich / hier wird man weit ander fallen schauen:

Dort fiel ein blosser Knecht; hie ein gekröhntes Haupt /

Das zuverdammen nur dem Himmel ist erlaubt:

Dort strafft man ein wiewohl nicht allzuklar Verbrechen;59

Hier strafft man eine Frau / die vielmehr loszusprechen;

Hier wird die Fürstin selbst / die Franckreich hat erwehlt /

Der Schottland eigen war / den Mördern zugezehlt:

Hier stürtzt der grimme Stahl / ein öffentliches Eisen /

Die freye Königin / der man nichts kan beweisen /

Was Mordt und Todt verdient. Hier wird ein Haupt verhöhnt /

Und war von dieser Faust die es vorhin bekröhnt.

Doch zage nicht / Princeß! Die Rach hat schon gefället.60

Den / der mit schlauer List uns beyden nachgestellet.

Denn ob der Höchste gleich / so ins Verborgen sieht /

Nicht stracks auff frischer That mit Donner-Keulen sprüht,

Ob gleich der Blitzen klafft in etwas erst verziehen /

Und lassen Lastern zu in lauter Rosen blühen /

So stürtzt sie doch zuletzt die hochgestiegne Pracht /

Wenn ihre Zeit vertagt / mit noch viel höher Macht.

Drumb laß / Elisabeth! nur Cronen Ehre geben /

Dich wird ein tapffer Tod / Maria! mehr erheben.
[58]

Chor der Religion.


Herr! Wie lange soll ich hier /

Hier in Brittens Wüsteneyen

Meines reinen Glaubens Zier

Diesen Schelmereyen leyhen!

Herr! wie lange soll mein Mord

Und das freche Cronen-höhnen

Mit nichts als mit Gottes Wort

Und der Frömmigkeit beschönen.

Ach was must ich damahls nicht

Schon vor grosse Schande tragen

Da / als Britten fing die Pflicht

An den Päbsten zuversagen /61

An die doch als an ihr Haupt

Alle vorige Besitzer

Brittens mehr als viel geglaubt /62

Und den Titul Glaubens-Schützer /

Durch beliebten Dienst63 erlangt /

Mit dem Sie nach diesen Zeiten

Bißher singende geprangt.

Doch schrieb man damahls bey weiten

Meinen sonst so lieben Nam

Nicht mit so gefärbter Dinten /

Als bis da die Wölfin kam.64

Jetzo muß durch gleiche Finten

Schottlands Haupt Maria fort /

Und weil ich nicht wollen reichen /

Muß man noch dazu den Mord

Mit Verrätherey austreichen.

Aber meint ihr / daß der Tod

Solcher hochgesetzten Leute

Mindre Eures Glaubens Noth /

Und die Kirche mehr erweite?[59]

Nein! deß Bluts gemachter Schall

Wird euch wie dem Usa nützen /65

Als er bey besorgten Fall

Wolte Gottes Lade stützen.

Dann gesetzt / daß eurem Wahn /

Eurem Glauben recht zugeben /

Ist es doch nicht wohlgethan /

Daß ihr ihn durchs Schwerdt wolt heben.

Dann der Krieg / das Schwerdt und Blut

Sind mehr Glaubens Hindernüsse /

Weil man dennoch böses thut /

Ob gleich gutes draus entspriesse.66

Zugeschweigen daß mein Schein

Durch das überhäuffte dämpffen

Und der Märtrer strenge Pein

Mehr gläntzt als durch Streit und Kämpffen.67

Doch es kömmt noch eine Zeit /68

Da weit höherem erkühnen

Mein zwar unbedecktes Kleid

Wird als Deckel müssen dienen.

Drumb weich ich aus diesem Land /

Von dem Bessrung nicht zuhoffen /

Das in Deuteley und Tand69

Gantz und gar / als blind / ersoffen /

Das stets neuer Wahn ansteckt /

Das sich selbst in sich verkehret /

Das viel tausend Secten heckt /

Und nur lauter Auffruhr nähret.

Gute Nacht! ich wil viel lieber

Sonder Sitz und Tempel seyn /

Als mit meinem Schmuck und Schein

Zieren Brittens Jährlichs Fieber.70

50

Sind ihre eigene Worte. Denn so stehet pag. 392. Sie antwortete darauff unerschrocken: Ich hätte nicht gedacht / daß meine Schwester / die Königin / meinen Tod solte beschlossen haben; Nach demmahl ich ihren Gesetzen keines Wegs unterwürffig: Weil Ihr aber solches also gefällt / soll mir der Tod sehr wilkommen seyn: Zumahl weil der Mensch nicht werth ist der ewigen und himmlischen Freuden / dessen Leib den Schlag deß Scharffrichters nicht vertragen kan.

51

Ihre weinende Diener und Hofdamen tröstete Sie mit lieblichen Worten / sprechend: Sie wären besser befugt sich zufreuen / daß ihre Frau nun einmahl auß dieser Trübsaal-vollen Welt solte scheiden. Wandte sich hernach zu ihrem Artzt Burgon, und sagte wieder ihn: Sie sagen ich müste darumb sterben / daß ich wieder die Königin gerathschlagt hätte: Und dennoch spricht der Graf von Kent / es sey keine andere Ursache meines Todes / als weil ihre Religion durch mich möchte in Gefahr kommen. So ist dann nicht meine böse Handelung wieder die Königin / sondern die Furcht / welche sie haben für mir / meines Untergangs Ursache: Indem Sie unterm Deck-Mantel der Religion und gemeiner Wohlfahrt auff eigenes Interesse und besondere Angelegenheiten ihr Absehen richten. pag. seq.

52

Sie theilte auch etlichen mit der Hand etwas an Gelde aus / teste Cambdeno, unser Autor loco citato.

53

Nehmlich das Inventarium ihrer Güter und Jubelen, bey welchem Sie die Namen derer / welchen Sie was vermacht hatte / zeichnete.

54

Welche an eben demselben Orte / wo der Sohn umb geringer Ursachen willen enthauptet worden. Besiehe hievon das 463. Blat der XIII. Geschichte deß 2. Theis deß hohen Trauer-Saals Erasmi Francisci.

55

Wer selbige gewesen / lehret angezogene Geschichte. Massen dem Hertzog etlich listig / etliche ernstlich die Schottische Königin zur zukünfftigen Gemahlin angetragen.

56

§. 41. pag. 419. klagt er über die Untreu der Seinen / daß er von ihnen verrathen oder verkaufft sey.

57

Dieses macht das 436. Blut ausfündig / da unser Autor ausdrücklich schreibet: An diesem haben die Klügsten gemerckt / daß der Hertzog jetzo am allerersten wieder die Majestät gesündiget: Indem er den Heris und denen Schotten / welche / weil sie die Englischen Gräntzen verheeret hatten / vor Feinde der Cron England erklärt waren / hülfflich an die Hand gangen.

58

Unter diesen ist das jenige / so ihm die Königin zu Farnham über der Tafel heimlich gethan / mit diesen Worten: Caveret, cui pulvino caput inclinaret / nachdencklich. pag. 411. seq.

59

Denn so schließt unser Traur-Geschicht-Schreiber die Geschichte dieses Hertzogs: Aus dieser strengen Verfahrung mit dem Hertzog von Norfolk mag man gnugsam abnehmen / daß Elisabeth etwas von Ihrem Vater Heinrich dem Achten geerbt / nehmlich die jenige mit dem Beile wegzuputzen / die ihr einiger massen könten gefährlich seyn / ob man gleich dieselben nicht recht vollkömmlich überweisen können /daß sie die Majestät verletzet. Gleichwie hie dem Hertzog wiederfahren / der zwar in ein und anderen sich hart verstosten; aber doch / so viel aus dem Cambdenischen bißhero angezogenen Berichte erhellet / kein Majestät-Laster begangen / wie ihm die ungerechten-Richter / so der Elisabeth geheuchelt / auffgedrungen. Und eben dieses Exempel (setzt er hinzu) giebt eine Muthmassung / daß Sie von dem Blute der Königin Mariæ so rein / schön / unschuldig und weiß nicht gewesen / wie sie sich hernach artig simuliret.

60

Nehmlich den Murrey, welcher zu Lithqvo in Schottland bey hellem lichten Tage / in dem er durch die Gassen geritten / von dem Hamilton aus einem verdeckten Fenster mit einer Kugel durch den Bauch geschossen / und kurtz hernach daran gestorben ist /wie der Autor in seiner Maria am 331. Blate aus dem Cambdeno erzehlt.

61

Welches unter Henrico VIII. geschehen / so erstlich der Reformirten Religion die Fenster geöffnet /(wie wohl er solche noch nicht völlig eingeführet / dahero Thomas Browne de Relig. Medici Sect. 5. nachdencklich von ihm schreibet / qvod Papam Romanum qvidem, sed non fidem ejecerit) und zwar blos aus Ursachen / weil er sowohl aus eigenen Antrieb / als auch auff Einrathen deß Cardinals Wolsei sich gerne von seinem Gemahl der Catharina Käysers Caroli V. Schwester scheiden / und eine Engländerin Anna Bolena genannt / sich autrauen lassen wolte / solches aber der damahlige Pabst Clemens VII. dessen Consens er hierüber sollicitirte / nicht dispensiren wolte. Dahero der König von der Römischen Kirche abgetreten / und wieder deß Pabsts Willen die Ehe-Scheidung und andere Heyrath vorgenommen.

62

Ante Henricurn VIII. schreibt Sprengerus in Christiani Orbis Perspicillo, pagina 764. Nulli Reges magis Sedi Romani obediebant, nulla majora Donativa Romam mittebant, utpote qvi Regnum suum Titulo Feudi à Pontifice recognoscere gloriosum sibi ducebant. England hat jederzeit nicht wenig den Päbstlichen Stoltz vermehret. Inas der West-Sachsen König hat England dem Pabste zinsbar gemacht / ut ex singulis domibus in Anglia denarius Romano Pontifici persolveretur annuatim: qvi nummus vocatur D. Petri. Vide sis Polid. Virgil. in Hist. Angl. lib. 5. pagina 89. & 90. sub anno 740. Qvam legem deinceps repetiit Anno 847. Ethelwolphus Rex. Solvendum hoc vectigal erat ad Diem festum Petri & Pauli, vel ad Vincula Petri Polydorus Virgjam citacus 96. & 67. pagg. Vide apud Zeilerum in Epistolis Cent. 3. Epist. 2. pag. 557. Excusationem mit welcher die Engländer diesen Tribut bemänteln.

63

Dieser Henricus VIII. von welchem wir anjetzo gedacht / hat wieder Lutherum das bekannte Buch de Septem Sacramentis geschrieben / oder vielmehr schreiben lassen. Cujus scripti, vel Autor extitit, vel Adjutor. Johannes Fischer / ut Sandero placet Lib. 1. de Schism. Angl. ad Annum 1535 & Rainaudo Tractatu de bon. & mal. lib. 2. Part. 1. Erotem. 10. Mit diesem Scripto refutatorio hat dieser Henricus bey dem damahligen Pabste Leone X. solchen Danck verdienet / daß selbiger ihn mit einem sonderlichen geweiheten Schwerdt / und dem Titul Defensoris sidei, Beschützer des Glaubens / von Rom aus beschenckt. Welches Schwerdt zu Londen auff dem Tour aufgehoben wird. (Confer multa de illis Gladiis consecratis Pontificum ex Itinerario Italiæ Schotti part. 2. cap. 13.) Dieses Tituls gebrauchen sich noch heut zu tage die Könige von England / ringentibus licet Pontificiis; notatur enim proinde Casaubonus à Julio Cæsare Bulengero diatrib. 1. p. 1. Vellem, inquit, persvasionis fuæ Defensorem appellasset. Nec enim fides esse potest, qvæ ab Ecclesiæ Catholicæ fide, Sacrarum literarum Verbis & mente ac unanimi Veterum Consensu discedit.

64

Daß man damahls zu der Mariæ Zeiten so zureden mit gefärbter Dinten geschrieben / ich wil sagen / daß damahls viel Blut umb die Religion in England vergossen worden / zeugen die grausamen Verfolgungen / durch welche damahls England und Schottland unmenschlich gedruckt waren. Besiehe hievon Johann Foxum Anglum in lib. de Rebus in Ecclesia gestis passim. Daß wir Sie aber alhier die Wölffin genennt / kömmt daher: Gallus qvidam tunc temporis de hac Regina eleganter dixisse fertur: Anglia lupum non habet, sed hodiè Lupam. Notum autem est, Angliam lupis carere, qva de re Camerarius in Horis subcisiv. Centur. 1. cap. 28. p. 140. seqq. Ubi & qvia ratione extirpati sunt fusius explicat, ad qvod absq; dubio allusit Gallus hic.

65

In dem andern Buche Samuelis Cap. 6. v. 6.

66

Non enim sunt facienda mala, ut eveniant bona.

67

Diese Meinung gründet sich auff das bekannte Distichon:

Sangvine fundata est Ecclesia, sangvine cœpit,

Sangvine succrevit, sangvine finis erit.

Dahero die Christen der ersten Kirchen niemahls zu den Waffen geqrieffen / und durch das Blut ihrer Märtyrer mit den 10. Verfolgungen gewachsen / weilen die Waffen der Kirchen / das Gebet und die Thränen /nicht aber Stahl und Eisen / seyn sollen.

68

Wie zu Zeiten deß Cromwel in England die Religion der Boßheit Deckel seyn müssen / ist weltkündig. Besiehe das Chor der Religion / und der Ketzer /in der vierdten Abhandlung Andreæ Gryphij seiner ermordeten Majestät / oder Carol Stuards Königs von groß Brittanien.

69

Creduli nimium vel fabulis Milesiis aurem credulam adhibent Angli; & novarum rerum studiosissimi multa nova inventa hæresesque protrudunt: hinc tanta Sectarum illuvies universam semper inundavit Angliam.

70

Seditiosis motibus tanqvam febre anniversariâ, qvotannis corripi solet Anglia. Baco Verulamius in Historia regni Henrici VII.

Quelle:
August Adolf von Haugwitz: Schuldige Unschuld oder Maria Stuarda. Bern und Frankfurt a.M. 1974, S. 51-60.
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