Erste Szene

[145] ASTARTE in einem ganz einfachen Hausanzug mit Schürze, sehr geschmackvoll, kommt von rechts. Hinter ihr Tiefsee. Ach ... verfolge mich nicht wieder, Vater ... laß mich die Hausgeschäfte besorgen ... und bitte ... mache dich heut nur gar nicht mausig, wenn dieser hohe Besuch da ist ...

TIEFSEE. Du hast es gar nicht nötig, diesem Menschen auch noch die Hausgeschäfte zu besorgen ... du hast es gar nicht nötig ... ja ... du hast ihm durchaus nicht den geringsten, niederen Dienst hier zu tun ...

ASTARTE. Plärre nicht erst ... Mander will das auch nicht ... Mander will es durchaus nicht, daß ich ihm auch nur die geringsten Dienste tue ... daß ich hier sorge ... daß ich mich um irgend etwas in diesem Schlosse sonst kümmere ... aber wer tut es denn sonst ... dann blieb es doch heimlich eine Lotterwirtschaft ...

TIEFSEE. Hat er dich denn heute zum Frühstück gebeten ...

ASTARTE. Nein ... das hat er nicht ...

TIEFSEE. Ja eben ... da hat er eine berühmte Größe da ... ein berühmteres Frauenzimmer wie dich ... hahahaha ... da verleugnet er dich ...

ASTARTE. Laß ihn mich verleugnen ... das tun alle Männer in der Welt ... ich habe außerdem nicht den geringsten Anspruch an ihn ... z.B ... wenn[145] er mich nur so in Kattun sähe, wäre er empört ... da möchte es nur immer Seide sein ... grade habe ich mich heute so schlicht in Kattun gekleidet ... ich werde ihn heute gewiß nicht stören ... hast du denn Mander schon gesehen ...

TIEFSEE. Jaaa ... gesehen ... von der Ferne ... wie er unter lachenden Menschen frühstückt ... unter weltlichen und unter geistlichen ... aber mich hat er rund abgewiesen ... er wollte heute nicht behelligt sein ... hier liegen schon Rosen ...

ASTARTE. Laß die Rosen liegen ... die törichten Mädel sehnen sich auch immer nach etwas ... hier muß vor allem der gewohnte Strauß Rosen her ... folge mir nur nicht immer auf den Fersen ... Indem sie die Klinke in der Hand hält. und gehe auch endlich ...


Astarte voraus, Tiefsee hinterdrein, ab nach rechts.


Quelle:
Carl Hauptmann: Die goldnen Straßen. Leipzig 1918, S. 145-146.
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