Erste Szene

[169] TIEFSEE als Archimedes. Hahahaha ... großartig ... wenn man so als bedächtiger, ewig tüftelnder Löffelgreis durch die Welt läuft ... so als beständiger Archimedes ... der seine fünfzig Rezepte alle an den Fingern herzählen kann ... rückwärts und vorwärts ... aus der Weisheit durchaus gar nicht mehr heraus kann ... wie aus ein paar nassen Wasserstiebeln ... wenn einem dabei die Beine auch schon geschwollen sind ... hahahaha ... bei Mander ist dieser Fall anders ... hahahaha ... dieses Kostüm hat nämlich Lionel Mander von sich geschleudert ... hehehehe ... sozusagen wie neu ... wie er alles so von sich schleudert ... wie neu ... hahahaha ... Kleider und Menschen ...

WINDFELLNER im Frack hinter ihm. Ja ... ein Nachtfest bei Lionel Mander ... Er wischt sich den Schweiß. zu guter Letzt richtig ein Dampfbad ... schwüler als die Hölle ... und soll auch gleich ein höheres Vereinigungsfest mit dem letzten, weiblichen Idole sein ... ein wahrhaftiges Seelenverlobungsfest ... nach der großen Cour am Nachmittag ... wo er Ottilie Kopriva bereits als die Retterin aus den flüchtigen Süchten des Lebens pries ... und sie als die dauernde Heimatgeberin ... sozusagen als die Eheherrin und Mutter dieses Schlosses feierlich ankündigte ...[169]

TIEFSEE. Jaaa ... wie ich Lionel Mander kenne ... hahahaha ... wird er sich heute nicht entblöden, die allerletzten Register zu ziehen ...


Tiefsee will sich auf die Bank setzen.


WINDFELLNER. Nö ... nö ... da muß man durchaus in den Obstgarten weitergehen ... um sich in Ruhe abzukühlen ...

TIEFSEE gewichtig. Nein ... alles was wahr ist ... ich habe in meiner Laufbahn als Charakterspieler ... als Darsteller der wichtigsten Typen des furchtbar gewichtigen Menschenvolkes auch durchaus meinen Mann gestanden ... ich habe z.B. einmal den Diogenes dargestellt ... das gab eine Sensation ... so daß ich mit diesem Kunsteindrucke ein vornehmes Weib aus der Creme derart zu meinen Füßen gezwungen ... hahahaha ... daß ich sie ein volles Jahr mindestens habe ausnützen können ...


Beide sind unter diesen Worten nach links vorübergegangen.


Quelle:
Carl Hauptmann: Die goldnen Straßen. Leipzig 1918, S. 169-170.
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