Dritte Szene

[10] Luisa kommt völlig erhitzt und erschöpft, fast nur mechanisch noch mit einer Art eleganten Sprunges und dem stereotypen Lächeln. Sie ist in einem äußerst schlanken Trikot als Drahtseiltänzerin. Radiana wirft ihr dienstbeflissen den Mantel um.


LUISA hat sich sofort in einen großen, unbezogenen Lehnstuhl geworfen, der neben dem kleinen Holztische steht, atmet nur hastig, den Kopf zurückgelehnt, und schließt die Augen. Runter, runter ... das Fußzeug erst runter ... und aufschnüren, aufschnüren ... Liebchen ... aufschnüren ... wo ist denn nur Anne ...

RADIANA. Sei nicht böse, Luisa ... ich war so traurig ... ich mußte etwas zu tun haben ... ich habe deine Zofe heimgeschickt, ich will dich bedienen ...[10]

LUISA. Strählchen ... Sonnenblume ... kleine Schlange ... hahahaha – – du möchtest mich bedienen ... du witterst wohl auch jetzt den Goldregen in meinem Schoße ...

RADIANA. Pfui ... daß du alles immer vergiften magst ...

LUISA. Weißer Hase ... Lilie ... Unschuld ... sorge, daß endlich der Kellner kommt ...


Quelle:
Carl Hauptmann: Die goldnen Straßen. Leipzig 1918, S. 10-11.
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