Die junge Mutter

[179] Sie hat ein Kind geboren,

Zu höchster Lust in tiefstem Leid,

Und ist nun ganz verloren

In seine stumme Lieblichkeit.


Es blüht zwei kurze Tage,

So daß sie's eben küssen mag,

Und ohne Laut und Klage

Neigt es sein Haupt am dritten Tag.


Und wie es still erblaßte,

So trägt sie still den heil'gen Schmerz,[179]

Und eh' sie's ganz noch faßte,

Daß es dahin ist, bricht ihr Herz.


Der mit dem Lilienstengel

Sonst tritt aus einem finstern Thor,

Er ging, der Todes-Engel,

Aus ihrem eig'nen Schooß hervor.


Quelle:
Friedrich Hebbel: Sämtliche Werke. 1. Abteilung: Werke, Berlin [1911 ff], S. 179-180.
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