Auf die Deutsche Künstlerin

[282] Ich will das rohe Feuer nicht,

Das, durch kein Maaß zurückgehalten,

Hervor, wie aus der Hölle, bricht,

Um gleich dem Element zu walten:[282]

Ich will den Funken aus den Höh'n,

Der sanft der Seele sich verbündet

Und langsam wachsend, immer schön,

Zuletzt zur Flamme sich entzündet:

Zur Flamme, die den Leib durchstralt,

Ihn nicht verzehrt in blindem Toben,

Und uns im reinsten Purpur malt,

Wie sich Natur und Geist verwoben,

Als wär' zum ersten Mal ein Stern

In menschlicher Gestalt erschienen,

Verschmolzen bis zum tiefsten Kern

Mit Menschenblick und Menschenmienen!

Mit dieser Flamme kröntest du

Stets deine schöpf'rischen Gebilde,

Drum sprech' ich dir den Lorbeer zu;

Megären reiche ihn der Wilde.


Quelle:
Friedrich Hebbel: Sämtliche Werke. 1. Abteilung: Werke, Berlin [1911 ff], S. 282-283.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Gedichte (Ausgabe letzter Hand)
Gedichte
Werke, 5 Bde., Bd.3, Gedichte, Erzählungen, Schriften
Die schönsten Liebesgedichte (insel taschenbuch)
Gedichte
Gedichte